Washington - Nach dem erneuten Fehlangriff auf Zivilisten in Afghanistan stehen die USA vor der Frage, ob die militärischen Pannen den Krieg gegen den Terrorismus zu gefährden drohen. Das Weiße Haus verneint das.
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"Wir werden weiter sehr eng mit den afghanischen Behörden zusammen arbeiten, um sicherzustellen, dass dies nicht der Fall ist", sagte Sprecher Ari Fleischer. Viele Beobachter befürchten jedoch, weitere Missgriffe könnten dazu führen, dass die afghanische Bevölkerung den Verbündeten als ungeliebte Besatzungsarmee zu betrachten beginnt.
Der gewählte afghanische Präsident Hamid Karsai war besorgt genug, um den US-Befehlshaber in Afghanistan, Generalleutnant Dan McNeill, zu einem klärenden Gespräch einzubestellen. Außenminister Abdullah Abdullah forderte: "Dies muss ein Ende nehmen. Fehler können vorkommen (...) aber unsere Menschen sollten sicher sein, dass alles getan wird, um derartige Zwischenfälle zu verhindern."
Die Reaktion unterstrich nach Auffassung amerikanischer Medien, dass Karsai ernstlich befürchtet, die Bevölkerung könne sich gegen ihn und seine amerikanischen Alliierten wenden. Die Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums, Victoria Clarke, und Operationschef Gregory Newbold vom Generalstab wurden gefragt, ob die USA Angst vor Revancheakte hätten. Der Grund: In Afghanistan waren US-Soldaten, die in Kandahar gerade Opfer des Fehlangriffs in einem Krankenhaus besucht hatten, von Unbekannten beschossen worden. Die große Mehrheit der Afghanen sei den Amerikanern unverändert für die Befreiung von den Taliban und den El-Kaida-Terroristen dankbar, berichten US-Zeitungen. Nachrichten reisten dort außerdem langsam, so dass amerikanische Fehler in einem Gebiet in anderen so gut wie unbekannt seien. In betroffenen Regionen wachse jedoch ebenso die Verärgerung wie im Regierungslager. Dass den USA dies nicht verborgen blieb und nicht gleichgültig ist, zeigte sich an den Beileidsäußerungen und Reaktionen von Präsident Bush, Verteidigungsminister Rumsfeld und anderen Politikern. "Das afghanische Volk hat eine entscheidende Rolle in unserem gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus gespielt", betonte Bush-Sprecher Fleischer.
Vorschläge, wegen eines drohenden "Vietnam-Syndroms" möglichst schnell abzuziehen, haben derzeit in Washington keine Chance. Nach den Worten von General Newbold gibt es weiterhin keinen Termin, geschweige denn eine Schätzung, wann die US-Truppen das Land verlassen werden. "Wir sind dort so lange wie nötig." Washington habe von Anfang an klar gemacht, dass der Einsatz schwieriger werde, weil jetzt der Widerstand der härtesten Gegner in Gegenden mit großen Sympathien für die Taliban gebrochen werden müsse. Auch Anregungen, unauffälliger aufzutreten und eine militärische Nebenrolle zu übernehmen, sind kaum zu verwirklichen. Der Aufbau einer nationalen afghanischen Armee unter dem Kommando der Zentralregierung steckt in den Kinderschuhen. US-Pläne, eine 18.000-Mann-Streitmacht innerhalb von eineinhalb Jahren auszubilden und auszurüsten, wird nach Auffassung von Experten in der kurzen Zeit kein schlagkräftiges Resultat ergeben. Es bleibt also auf absehbare Zeit nur die Kooperation mit den lokalen "Kriegsherrn", deren Motive oft undurchschaubar und deren Interessen nicht immer identisch mit denen der Amerikaner oder der Karsai-Regierung sind.