Die EU erweitert ihre Liste invasiver gebietsfremder Arten.

Der Marderhund ist ein wanderlustiger Geselle. In den 1930ern und 1940ern wurden Tausende Tiere in der Ukraine ausgesetzt, um die Pelzindustrie zu fördern. Seither hat er sich ständig nach Westen ausgebreitet. In den 1960ern kamen sie nach Deutschland. In Österreich sind sie seit den 1980ern nachgewiesen, und um 2000 erreichten sie die Schweiz.
Allerdings ist der Enok, wie er auch genannt wird, nicht unbedingt überall willkommen. Zwar ist er keineswegs so verhaltensauffällig wie die ebenfalls seit dem 20. Jahrhundert in Europa ansässigen Waschbären, mit denen sie aufgrund der ähnlichen Gesichtszeichnung manchmal verwechselt werden, aber er gilt als Bedrohung der heimischen Fauna im Sinne der Berner Konvention. Dieser auch von der EU unterzeichnete Vertrag dient dem Schutz der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere.
Das ist ein Anliegen, das wohl die meisten Menschen - Hobbyjäger einmal ausgenommen - unterstützen können. Es ist das Recht der Mitgliedsstaaten eingeflossen und führt bei großen Bauprojekten nicht selten zu aufwendigen Schutz- und Umsiedelungsmaßnahmen. Was aber bedeutet der Artenschutz bei einem Einwanderer wie dem Marderhund? Die Grundfrage ist immer, die eingewanderte Species den heimischen Bestand gefährdet oder nicht.
Dies ist allerdings nur selten augenscheinlich, zumeist dann, wenn eine Art eine verwandte Art verdrängt wie das nordamerikanische Grauhörnchen, das sich vor allem in Großbritannien und Italien gegenüber dem europäischen Eichhörnchen durchgesetzt hat. Dieses hat sich in vielen Fällen in höhere Lagen mit schlechterem Nahrungsangebot zurückgezogen.
Nach der Sichtung zahlreicher Untersuchungen hat die hat die EU nach 37 gefährlichen invasiven Arten von anderen Kontinenten, die im Vorjahr festgelegt wurden, nun zwölf weitere Species auf die Liste gesetzt.
Am Marderhund scheiden sich dabei die Geister. So gibt es Zoologen, die darauf verweisen, dass Enoks und Dachse seit Jahrzehnten gemeinsam in Finnland leben, ohne einander zu beeinträchtigen.

Eine der bedrohten Arten lebt auch in den Donauauen. Die Rotwangen-Schmuckschildkröte hat hier die Europäische Sumpfschildkröte weitgehend verdrängt, der Bestand dürfte auf 1000–1500 Individuen gesunken sein. Sie muss sich übrigens auch vor Marderhunden und Waschbären in Acht nehmen, die ihr Gelege ausgraben. Zur Abwehr der Räuber decken Aktivisten mittlerweile vergrabene Eier mit Metallgittern ab.
Auf der erweiterten Liste finden sich auch die Glanzkrähe aus Indien, die in Flüssen lebende Chinesische Wollhandkrabbe und der Nordamerikanische Ochsenfrosch. der alles an Amphibien, Schnecken und Würmern frisst, das ihm vors Maul kommt, Küken von Wasservögeln mit eingeschlossen. Der aus Nordamerika stammenden Signalkrebs verdrängt nicht nur heimische Flusskrebse, er verbreitet auch die Krebspest, gegen die er selbst resistent ist.
Umweltkommissar Karmenu Vella schätzt den durch invasive Arten verursachten Schaden auf zwölf Milliarden Euro pro Jahr.
Die einzige Art, die über Fachpublikationen große Beachtung findet, dürfte die Asiatische Hornisse sein. Die Vespa velutina ist der Schrecken der Imker im Süden Frankreichs, wo sie zielgerichtet Bienenstöcke überfällt. Sie zu bekämpfen ist nicht zuletzt deshalb schwierig, weil sie ihre Nester vorzugsweise in Baumkronen baut.


Bei den Pflanzen werden nach dem bekannten drüsigen Springkraut nun auch das Alligatorkraut und die Schmalblättrige Wasserpest genannt
Ein Eintrag auf der Liste bedeutet ein absolutes Importverbot sowie weitere Maßnahmen, die bis zur lokalen Ausrottung einer Species reichen können. Wenig Gefallen findet das Verbot der Vermehrung bei Zoos. Diese beklagen sich über den Aufwand bei der Umsetzung und argumentieren, dass sie ja ohnehin nie Tiere in die Wildbahn entlassen.
Die EU geht davon aus, dass es in Europa insgesamt etwa 1.800 eingeschleppte oder eingewanderte Tiere, Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen gibt.