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Israel 1961, SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann steht vor Gericht, Philosophin Hannah Arendt veröffentlicht nach dem Todesurteil ihre Beobachtungen in Buchform: "Ein Bericht von der Banalität des Bösen" lautet der Untertitel. Was sie damit keinesfalls will: die Taten Eichmanns relativieren. Im Gegenteil, sie will darauf hinweisen wie allgegenwärtig, alltäglich und selbstverständlich das Gräuel war - und ist. Das Böse, so Arendt, begegnet uns nicht in Form des dunklen Dämons oder fratzigen Ungeheuers. Es trägt das Antlitz des "ganz normalen Menschen", steckt also potenziell in jedem. Diese Banalität macht es so gefährlich.
In Konstanz sorgt derzeit eine Theateraktion für Aufsehen. Regisseur Serdar Somuncu will all jene Besucher bei freiem Eintritt in George Taboris "Mein Kampf" lassen, die ein Hakenkreuz tragen. Die zahlenden Gäste dürfen wählen, ob sie sich Davidsterne oder Hakenkreuze anheften wollen. Man wolle mit der Aktion zeigen, wie leicht Menschen bestechlich sind, heißt es aus dem Schauspielhaus.
Vor dem Stephansdom bietet ein Karikaturist seine flinken Zeichendienste an. Sein Können bewirbt er mit Porträts berühmter Persönlichkeiten. Neben Franz Schubert und Michael Jackson hängt da auch eine Kreidezeichnung von: Adolf Hitler.
Die Verherrlichung der NS-Verbrechen hatten wohl beide Fälle nicht im Sinn. Einen anderen - womöglich wesentlich gefährlicheren - Mechanismus bedienen sie aber: Sie tragen bei zu ihrer absoluten Banalisierung.