Sollte Regierungskandidat Dimas bei griechischem Präsidentenvotum scheitern, stünden Neuwahlen an. In Umfragen führt die linke Syriza, die das Sparprogramm nicht weiterführen will und gegen internationale Geldgeber wettert. Kommissionschef Juncker warnt vor "falschem Wahlergebnis".
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Athen. Am morgigen Mittwoch findet die erste Runde der griechischen Präsidentschaftswahlen statt - ein Votum, das in Griechenland und in Brüssel für Nervosität sorgt. Denn der Regierungskandidat Stavros Dimas müsste 200 Stimmen im Parlament bekommen. Dass ihm das gelingt, ist praktisch unmöglich. In der dritten Wahlrunde am 29. Dezember wären dann nur noch 180 Stimmen nötig. Sollte der Ex-EU-Kommissar auch die nicht bekommen, stünden Neuwahlen an.
Premier Antonis Samaras hat die Präsidentschaftswahl in einem überraschenden Schritt zwei Monate vorgezogen, um es auf eine Machtprobe mit den Gegnern seiner Sparpolitik ankommen zu lassen. Ein gefährliches Spiel, denn Samaras hat nur 155 von insgesamt 300 Abgeordneten hinter sich. Er ist also auf die Unterstützung von Oppositionellen angewiesen - doch die haben, zumindest zum Teil, schon abgewunken. Zünglein an der Waage dürften rund zwei Dutzend unabhängige Abgeordnete werden.
Scheitert Dimas, müssen laut Verfassung Neuwahlen ausgeschrieben werden. Und dann könnte die Oppositionspartei Syriza unter Alexis Tsipras zum Zug kommen. Die linke Partei hat in allen Umfragen die Nase vorne, sie käme derzeit auf 31 Prozent der Stimmen. Die Konservativen unter Premier Antonis Samaras können nur mit knapp 26 Prozent rechnen.
Politischer Knalleffekt
Ein Syriza-Sieg im Jänner käme einem Knalleffekt gleich. Die linke Sammelbewegung, unter anderem bestehend aus Gewerkschaftern, Trotzkisten und Grünen, lehnt die Rettungspolitik von EU und IWF ab und pocht auf ein Ende des strikten Sparkurses, der Griechenland seit der Staatspleite heftig zu schaffen macht.
Aus Furcht vor politischer Instabilität und einer Abkehr vom Sanierungskurs flohen Anleger bereits in Scharen aus den griechischen Finanzmärkten. Die Aussicht, dass das Land bei Neuwahlen in neue Turbulenzen geraten könnte, schreckt viele Investoren ab.
In Brüssel ist man ebenfalls nervös. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnt Griechenland vor einer Abkehr vom Spar- und Reformkurs. Und das mit ungewöhnlich deutlichen Worten: "Ich denke, die Griechen wissen sehr genau, was ein falsches Wahlergebnis für Griechenland und die Euro-Zone bedeuten würde", so Juncker. Er wolle persönlich nicht, dass extremistische Kräfte in Athen ans Ruder kämen.
Auch Samaras hat die Abgeordneten beschworen, Dimas das Vertrauen zu schenken. Andernfalls drohe dem Land ein "katastrophaler" Rückfall in Zeiten, die Griechenland nur mit Mühe überwunden habe.
Tsipras wirft Samaras hingegen vor, mit einer Angstkampagne Panik verbreiten und vom eigenen Niedergang ablenken zu wollen. "Eine starke Regierung mit einem realistischen Reformplan ist eine Vorbedingung dafür, dass Griechenland nicht bestraft wird, sondern dass mit ihm verhandelt wird", so der Syriza-Chef.