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Am ersten Höhepunkt des digitalen Aufblühens sah es nicht rosig aus für die schreibende Zunft. Der Journalismus stehe vor seinem Ende, so der Tenor der Digitaleuphorie. Er werde in Zukunft überflüssig sein. Informationen teilen könne dann schließlich jeder. Wenn jeder auch Journalist sei, hätte man immer jemanden live vor Ort. Egal wann, egal wo. Die totale Objektivierung von Information also. Eben diese wäre dann durch das demokratisch regierte Netz jederzeit, an jedem Ort der Welt abrufbar. Wissen werde dadurch zum Allgemeingut, Wikipedia zeige vor, wie gut das Korrektiv des Kollektivs funktioniert. Das war einmal.
Die damalige Zukunft ist längst zur Gegenwart geworden und zeigt ein gänzlich anderes Bild. Digitale Information ist längst in den Fängen von Filtern und diverser Algorithmen, die sich vor allem an den Bedürfnissen des Marktes interessieren. Gefördert werden soll der personalisierte Konsum, sonst nichts. Dazu kommen meinungsgeschwängerte Blasen, die User in der Illusion leben lassen, alle um sie wären ihrer Meinung. Ein Blick in das Leben offline muss zu Frustration führen, als Ventil für ebendiese müssen dann auch diverse Foren herhalten. Neben Filtern und Blasen regiert dadurch der Hass das Netz. Die totale Subjektivierung der Wahrnehmung ist ein ernst zu nehmendes Problem unserer Tage geworden.
Auch wenn sich in den kommenden Jahren vielleicht die Formate ändern werden, über die Leserinnen und Leser sich informieren, eines ist in den Blasen der digitalen Flut und im dichten Netz der Hass-Poster dringender geworden, denn je zuvor: Journalismus.