Zum Hauptinhalt springen

Gefangener erzählt seine Geschichte: "Schande zu groß"

Von Lee Keath

Politik

Haider Sabbar Abed zeigt auf das Foto eines nackten Gefangenen, den Kopf unter einer Kapuze und die Hände hinter seinem Kopf. "Das bin ich", sagt er. Abed ist einer der Gefangenen im Abu-Ghoreib-Gefängnis, die im Zentrum eines Sturms der Entrüstung über das Verhalten der US-Besatzer im Irak stehen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Diese Empörung hat Präsident George W. Bush zum Versprechen genötigt, die Verantwortlichen würden bestraft. Aber der 36-jährige Abed, dessen Bilder um die Welt gehen, meint, dass ihm das nicht helfen wird. "Wird das meine Ehre wieder herstellen? Meine Würde wurde mit Füßen vernichtet. Ich kann nicht im Irak bleiben. Die Schande ist zu groß."

Der Schiit aus Nassiriya wurde im Juli festgenommen. Er war als Tramper in einem Auto in Bagdad an einem Kontrollposten gestoppt worden. Der Fahrer, den er nicht gekannt hat, hat keine Papiere gehabt, und deswegen sind sie verhaftet worden. Die nächsten drei Monate hat er im Lager Bucca verbracht, danach ist er nach Abu Ghoreib bei Bagdad verlegt worden. Eine tätliche Auseinandersetzung mit einem als Blockwart eingesetzten Mitgefangenen hat dann seinen Albtraum beginnen lassen: "Sie haben uns erst einmal geschlagen, überall", sagt Abed. "Dann haben sie uns die Kleider vom Leib gerissen." Die Folter, während der sie nackt gewesen sind, hat vier Stunden gedauert. Sie seien gezwungen worden, aufeinander zu klettern. Er zeigt auf ein Foto, auf dem die sieben eine Pyramide bilden müssen. "Das bin ich" sagt er und zeigt auf den Mann am unteren linken Rand.

Die Aufseher hätten ihm die Kapuze vom Kopf gezogen und vor ihm habe ein Aufseherin gestanden. Sie habe ihm befohlen, zu masturbieren. Dann sei die Kapuze wieder über seinen Kopf gezogen worden. "Ich stand da, und plötzlich nahmen sie meine Hand und legten sie auf den Kopf von jemandem vor mir. Da war jemand genau vor meinem Penis", sagt Abed. Während des gesamten sexuellen Missbrauchs sind Fotos gemacht worden, erinnert er sich.

Danach wurde er nackt in die Zelle gebracht. Dort wurde er drei Tage lang angekettet.