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Die Justiz setzt verstärkt auf die billigere Variante.
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Wien. Fußballimpresario Hannes Kartnig hatte eine. Die Ex-Politiker Ernst Strasser und Josef Martinz haben eine. Ex-Bawag-Direktor Helmut Elsner hat sie nie bekommen. Kaum eine andere Art der Haftstrafe wird derart oft mit prominenten Häftlingen in Verbindung gebracht wie der elektronisch überwachte Hausarrest mittels Fußfessel. Die Prominenz bildet allerdings nur einen minimalen Teil der Betroffenen ab, sagte Erich Mayer, Generaldirektor für den Strafvollzug, am Donnerstag. Er resümierte über fünf Jahre Fußfessel und bezeichnete das Konzept als "Erfolgsgeschichte". 3200 Personen hätten seit 1. September 2010 ihre Haftstrafe mittels Fußfessel verbüßt, aktuell seien es 301. 30 Prozent der Fußfessel-Anträge wurden abgelehnt.
Vor allem angesichts der überfüllten Gefängnisse - zehn Prozent der Häftlinge sollen bereits Schlepper sein - und den damit verbundenen Kosten will Mayer verstärkt auf die Fußfessel setzen. Die Justizanstalt Eisenstadt etwa ist zu 147 Prozent ausgelastet. Im österreichischen Durchschnitt liegt die Auslastung bei 97 Prozent. Zum Kostenvergleich: Ein Tag im Gefängnis kostet die Justiz 110 Euro. Beim elektronisch überwachten Hausarrest sind es 18 Euro. Außerdem muss jeder Häftling je nach Einkommen für seine Fußfessel zahlen, maximal sind es 22 Euro. Freilich gelinge auch die Resozialisierung mit Fußfessel um vieles besser als im Gefängnis, so Mayer.
Erweiterte Kriterienfür Fußfessel
Um den Kreis der Fußfessel-Anwärter zu erweitern, plädiert Mayer dafür, die Maßnahme auf Strafen von derzeit zwölf auf 18 Monate zu erweitern. In Portugal und Frankreich kann die Fußfessel bei einer Strafe von bis zu zwei Jahren, in Belgien von bis zu drei Jahren gewährt werden.
In Österreich ist es aktuell so, dass eine Fußfessel nur dann möglich ist, wenn die Freiheitsstrafe nicht länger als 12 Monate dauert (rund 80 Prozent der Fälle) oder der Betroffene davor Freigänger in der Vollzugsanstalt war und den Rest seiner Strafe mit Fußfessel verbringt. Er muss eine geeignete Wohnung haben und darf das Haus nur zu bestimmten Zeiten und nur dann verlassen, wenn er zum Arzt muss, einkaufen oder arbeiten geht, denn: Der Fußfesselträger muss einer Arbeit nachgehen, mit der er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Hier hakt auch Christoph Koss ein, Geschäftsführer des Vereins Neustart, der die Fußfesselträger intensiv betreut. Koss fordert, dass künftig auch arbeitslosen Menschen, die AMS-Leistungen beziehen, die Fußfessel gewährt werden kann. Bei alleinerziehenden Müttern ist es bereits jetzt möglich, dass sie mit Alimenten und zum Beispiel Mindestsicherung das Kriterium, ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, erfüllen. Vermutlich mit ein Grund, warum der Frauenanteil unter den Fußfesselträgern mit 14 Prozent mehr als doppelt so hoch ist wie im Gefängnis (6 Prozent).
Nur ein Prozent der Fußfesselträger wurde rückfällig, so Koss. Rund 44 Prozent waren wegen eines Vermögensdeliktes verurteilt worden, 22 Prozent wegen eines Deliktes gegen Leib und Leben. Neun Prozent haben gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen. Sexualstraftäter ist keiner mehr dabei. Nachdem es heftige Debatten dazu gab, Sexualstraftäter grundsätzlich auszuschließen, gelten heute strengere Kriterien für sie.