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Gefechtslärm in Ölregion - im Sudan herrscht Angst vor erneutem Krieg

Von Klaus Huhold

Politik

Kämpfe kurz vor der Abspaltung des Südsudans. | Norden marschiert in umstrittener Grenzregion ein. | Khartum. Sudans Präsident Omar al-Bashir spielte zuletzt den Friedensstifter. Natürlich akzeptiere die Regierung in Khartum das Ergebnis des Unabhängigkeitsreferendum im Südsudan, man werde der Region bei der Abspaltung keine Steine in den Weg legen, betonte der Präsident in den vergangenen Monaten. Die Hoffnung war groß, dass nach dem Bürgerkrieg die für Anfang Juli geplante Ausrufung der Souveränität des Südsudans friedlich über die Bühne geht.


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Doch nun scheint Bashir, der in seiner 22-jährigen Herrschaft schon oft zu den Waffen hat greifen lassen, erneut mittels Gewalt Fakten schaffen zu wollen. Nordsudanesische Soldaten sind in die genau an der Grenze zwischen dem Norden und Süden gelegene Region Abyei, in der auch Erdöl gefördert wird, einmarschiert. Panzer rollten ein, aus der Stadt Abyei - das Verwaltungszentrum nennt sich ebenso wie die Region - sind laut Hilfsorganisationen fast alle 20.000 Einwohner geflohen. Die Sudanesische Volksbefreiungsbewegung, die den Süden regiert, sprach von einem kriegerischen Akt. Die UNO hat den Norden zwar aufgefordert, seine Truppen zurückzuziehen, stieß damit aber auf taube Ohren.

Heikles Gebiet

Nun herrscht Angst, dass sich der Bürgerkrieg zwischen dem Norden und dem Süden wiederholt - diesmal als bewaffneter Konflikt zwischen zwei Staaten. Mindestens zwei Millionen Menschenleben kostete der jahrzehntelange Bürgerkrieg, in dem sich der vorwiegend christliche und animistische Süden gegen eine aggressive Islamisierungs- und Arabisierungspolitik des Nordens wehrte. In einem Friedensvertrag wurde dem Süden schließlich ein Unabhängigkeitsreferendum zugesichert, bei dem sich Anfang des Jahres die überwältigende Mehrheit für die Abspaltung vom Norden entschied.

Abyei ist in dem Separationsprozess des Südens aber die heikelste Region. Die Bewohner des Gebiets sollten in einem eigenen Referendum darüber abstimmen, zu welchem Staat sie zukünftig gehören wollen. Doch bis heute konnten sich Nord und Süd nicht darüber einigen, ob auch die Ethnie der Misseriya mit abstimmen darf. Die Misseriya sind arabische Nomaden, die den Norden als ihre Schutzmacht betrachten und wohl für den Verbleib bei Khartum stimmen würden. Ein noch größeres Hindernis für eine Einigung ist wohl aber, dass sich in Abyei Erdölfelder befinden, auf die beide Seiten gerne Zugriff hätten.

Die Lage in Abyei ist schon lange explosiv. Der Norden gab an, dass seine Soldaten am Donnerstag in einen Hinterhalt gelockt und 22 Mann getötet wurden. Khartum beschuldigte bewaffnete Verbände aus dem Süden. Dieser wies die Verantwortung für den Angriff zurück.

Bashir nahm die Attacke zum Anlass, um nun in Abyei einzumarschieren. Die internationale Gemeinschaft ist empört - was sich der Präsident von der Aktion erwartet, darüber kann nur spekuliert werden. Beobachter verweisen darauf, dass Bashir unter Druck ist. Der Unmut über den Präsidenten steigt - wegen seines Repressionsapparates und auch wegen gestiegener Lebensmittelpreise. Zudem wird Bashir im Norden von vielen für die Abspaltung des Südens verantwortlich gemacht. Der Präsident möchte nun vielleicht mit einem Feldzug gegen den Süden die Bevölkerung hinter sich scharen.

Vom Erdöl abhängig

Doch gerade das Erdöl, das in Abyei Teil des Problems ist, könnte den Konflikt auch wieder entschärfen. Der Süden und der Norden sind von den Öleinnahmen abhängig. Gefördert wird großteils im Süden, die Pipelines laufen durch den Norden. Bei einer Eskalation der Kämpfe würden beide Seiten verlieren.