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Privatspender von Krise unbeeindruckt. | Absetzbarkeit löst Umdenkprozess aus. | Mittelfristig plus 10 Prozent erwartet. | Wien. Auch in Zeiten der Krise ist die Spendenfreudigkeit der Österreicher ungebrochen, sagt der Leiter des Instituts für Spendenwesen, Gerhard Bittner, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". | Absetzbarkeit von Spenden
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Das sieht auch Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising-Verbandes Austria, so: "Wir bewegen uns auf dem Vorjahresniveau von rund 350 Millionen Euro - einen krisenbedingten Einbruch gibt es nicht." Der Verband vertritt 87 spendenwerbende Organisationen (darunter Rotes Kreuz, Caritas und SOS-Kinderdorf).
Rechnet man die "informellen" Spenden dazu - also jene ohne Nachweis der Person, wie etwa Sammlungen von Kirchen, Freiwilligen Feuerwehren, Kulturinstitutionen etc. -, kommt Bittner sogar auf eine Summe von 430 Millionen Euro. Angesichts der Tatsache, dass in anderen westeuropäischen Ländern das Spendenvolumen rückläufig ist, sprechen Bittner und Lutschinger jedenfalls von einem großen Erfolg.
Aktuelle Umfrage-Ergebnisse, in denen von Einbrüchen des Spendenmarktes von rund zehn Prozent im heurigen Jahr die Rede ist, sehen die beiden skeptisch. "Vielleicht reagieren die befragten Personen in Zeiten der Krise anders auf die Fragestellung als sonst - Tatsache ist aber, dass die Realzahlen bis November sogar über dem Ergebnis von 2008 liegen", berichtet Lutschinger. "Außerdem war die Krise ja auch schon im Vorjahr da."
Unternehmen lassen aus
Allerdings gibt es deutliche Rückgänge bei Firmen. Bittner führt dies auf die Verwirrung zurück, die durch das neue Gesetz zur Absetzbarkeit von Spenden Ende März entstanden sei: "Da erst im Juli bekannt wurde, welche Spenden absetzbar sind, hätten die Unternehmen praktisch auf Verdacht spenden müssen." Unterm Strich hätten sich die langen Diskussionen und die mediale Berichterstattung über die Absetzbarkeit wiederum positiv auf die privaten Spender ausgewirkt.
Das seien aber auch schon die einzigen Auswirkungen der Absetzbarkeit, über die man heute berichten könne. "Der Umdenkprozess wurde erst in Gang gesetzt. Es wird zu Verschiebungen vom Sponsoring zum Spendenwesen kommen, es wird eine neue Spendenkultur entstehen, weil man durch die Absetzbarkeit eigentlich mehr spenden kann als sonst", glaubt Bittner. "Das muss erst einmal ins Bewusstsein der Menschen vordringen." Erste positive Entwicklungen erwartet er daher erst frühestens Ende 2010.
Lutschinger erwartet mittelfristig einen Anstieg der Spenden um gut zehn Prozent. "Es wird durch das neue Gesetz nicht mehr Spender geben, aber die Spenden werden höher ausfallen", hofft er.
Kritik an Auswahl-Liste
Laut Umfragen haben immerhin schon 60 Prozent der Österreicher von der Absetzbarkeit gehört - neben der medialen Präsenz sei das auch der Erfolg einer gelungenen Kampagne des Finanzministeriums, so der Fundraising-Profi. Und 50 Prozent der Österreicher haben die Möglichkeit, ihre Spenden abzusetzen (wer keine Steuern bezahlen muss, ist nicht begünstigt). Größter Kritikpunkt für Lutschinger: "Weil nicht alle Nonprofit-Organisationen gleich behandelt werden, ist jede dritte Spende gar nicht absetzbar." Deshalb fordert der Experte einmal mehr die Gleichstellung aller Spendenwerber: "Und zwar im Sinne des Spenders. Immerhin geben die Österreicher am liebsten für Kinder, danach folgt der Tierschutz - und der ist laut Gesetz nicht absetzbar."
Wer also für "mildtätige Zwecke" und Entwicklungshilfe spendet, erhält einen Teil beim Steuerausgleich zurück. Amnesty International oder Global 2000 hingegen wurden Ende Juli nicht in jene Liste aufgenommen, laut der 366 Organisationen begünstigt sind - darunter Rotes Kreuz, Caritas und SOS-Kinderdorf.
Tatsache ist, dass die Österreicher fleißige Spender sind (siehe auch Grafik unten): Im Ländervergleich liegt etwa Deutschland mit einer Beteiligung von rund 50 Prozent hinter Österreich. Insgesamt haben laut dem Institut für Spendenwesen im Vorjahr 66 Prozent der Österreicher Geld gespendet. Im Jahr 2004 waren es noch 73 Prozent. "Die Österreicher sind aber nach wie vor ein Musterbeispiel für Spendenfreudigkeit", betont Bittner.
Nachzügler Österreich
Einen Zuwachs gab es bei der Spendenhöhe: 2004 lag die durchschnittliche Aufwendung bei 60 Euro, 2008 waren es um 65,30 Euro.
In den deutschsprachigen Nachbarländern sind diese Summen aber noch viel höher: In Deutschland werden durchschnittlich 100 Euro, in der Schweiz sogar 283 Euro pro Jahr gespendet. "Allerdings muss man hier sagen, dass in fast allen EU-Ländern schon seit Jahren Spenden von der Steuer absetzbar sind", so Bittner.