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Gegen das Massenaussterben

Von Petra Tempfer

Artenschutz
Mehr als der Hälfte der Tagfalter sind erheblich gefährdet.
© adobe.stock/zenina

Laut Global 2000 und "Blühendes Österreich" müssten Gesetze auf Nachhaltigkeit überprüft werden.


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Wien. Ein Blick auf das Thermometer lässt es vermuten: Neue Hitzerekorde für Juni sollen diese Woche geknackt werden. In Vorarlberg und in Tirol sind laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik am Mittwoch und Donnerstag stellenweise um die 37 Grad zu erwarten. Auch die Zahl der Tage im Juni mit mindestens 30 Grad ist auf Rekordkurs.

Als erste Stadt Österreichs hat Traiskirchen im Bezirk Baden den Klimanotstand ausgerufen. Eine entsprechende Resolution sei bei der Gemeinderatssitzung am Montag einstimmig beschlossen worden, hieß es am Dienstag. Die "Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen" werde ab nun als "Aufgabe von höchster Priorität" angesehen.

Zu diesen "schwerwiegenden Folgen" zählt das Artensterben. Rund eine von acht Millionen Arten auf der Welt könnten in den nächsten Jahrzehnten für immer verschwinden, verkündete im Vormonat der Weltbiodiversitätsrat IPBES in seinem Bericht zum Zustand der Artenvielfalt. Er nannte den Klimawandel als einen der Gründe für das Massenaussterben, das bereits in vollem Gange sei.

Lichtverschmutzung, Pestizide

Von Massenaussterben sprachen am Dienstag auch die Umweltschutzorganisationen Global 2000 und "Blühendes Österreich", eine gemeinnützige Privatstiftung der Rewe International AG. Es sei das sechste große Massenaussterben, hieß es - das fünfte fand vor 65 Millionen Jahren vermutlich aufgrund von Meteoriteneinschlägen statt, die dazu geführt haben sollen, dass der aufgewühlte Staub die Sonne verdunkelte und die Welt in einem mehrjährigen Winter versank. Die Dinosaurier, die Erde 150 Millionen Jahre lang beherrscht hatten, starben aus.

Aktuell seien vor allem die Insekten gefährdet, sagte der Ökologe Johannes Rüdisser von der Universität Innsbruck am Dienstag. Bei mehr als der Hälfte der Tagfalter sei diese Gefährdung "erheblich", so Rüdisser. Fünf der in Österreich registrierten 4000 Arten sind ausgestorben.

Das mag aufs Erste nicht dramatisch klingen, man müsse aber etwas unternehmen, bevor es zu spät sei, sagte Rüdisser. Hauptverantwortlich für das Insektensterben sei der Flächenverbrauch. Pro Tag werden in Österreich 19 Hektar verbaut - das entspricht rund 30 Fußballfeldern. Dazu komme die Intensivierung der Landwirtschaft durch Düngung und Pestizide. Eine weitere Gefahrenquelle sei die Lichtverschmutzung: Durch LED-Leuchtmittel gehe die Bestäubungsleistung der Insekten auf rund 35 Prozent zurück, so Rüdisser. Dass es in der Nacht aufgrund der zahlreichen Lichtquellen nicht mehr richtig dunkel werde, mache den Tieren zu schaffen. 90 Prozent der Schmetterlingsarten seien nachtaktiv.

Global 2000 und "Blühendes Österreich" pochen daher auf die Umsetzung konkreter Maßnahmen, die sie in ihrem Report "Aufgeflattert" zusammengefasst haben. Schriftführend waren Rüdisser und Peter Huemer von den Tiroler Landesmuseen. Einer der dringlichsten Punkte: Alle Gesetze und Steuern müssten überprüft werden, ob sie die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sowie die 20 Aichi-Biodiversitätsziele unterstützen, so Huemer. Agrarsubventionen sollten sich an einer nachhaltigen Landwirtschaft orientieren und der Pestizideinsatz müsse eingeschränkt werden.

Gegenpol Landwirtschaft

Gerade Letzteres ist für viele Landwirte jedoch mit Einbußen verbunden. Denn die durch Dürre geschwächten Pflanzen sind anfälliger für Schädlinge. Bei der vergangenen Ernte habe es etwa bei den Erdäpfeln massive Ernteausfälle gegeben, weil der Drahtwurm diese durchlöchert habe, sagt Josef Siffert von der Landwirtschaftskammer Österreich zur "Wiener Zeitung". Was für die Erdäpfel der Drahtwurm ist, ist für die Zuckerrüben der Rüsselkäfer.

Freilich wolle niemand einen Zustand wie 1845 bis 1849 in Irland, als ein Pilz die Erdäpfel verfaulen ließ und damit die Lebensgrundlage der ländlichen Bewohner fast vollständig zerstörte, sagte dazu Katharina Varadi, Bäuerin und Obfrau der Arge Streuobst. Vielmehr gehe es darum, zum Beispiel durch kleinräumigere Landwirtschaft das Gleichgewicht in den Ökosystemen so gut es geht wiederherzustellen. Denn das würde bedeuten, dass die natürlichen Fressfeinde der Schädlinge "wieder zuschlagen können".

Vom Umweltministerium heißt es, dass die Umsetzung der Aichi-Zielsetzungen und entsprechender Maßnahmen bereits im Rahmen der "Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+" erfolgen. Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln werde auf europäischer Ebene durchgeführt. Die österreichische Landwirtschaft bekenne sich zur Strategie einer nachhaltigen, umweltschonenden und optimierten Anwendung von Schutzmitteln. Dabei werde naturnahen Bekämpfungsmaßnahmen der Vorzug gegeben, so das Ministerium.