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Gegen das Vergessen

Von Anton Silhan

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Es war zwar ein Spielfilm, doch hatte er Stunden vor der Ausstrahlung höchste Aktualität erhalten: "Mein Mörder" von Elisabeth Scharang, Dienstagabend in ORF 2.

Bekannt von Radio FM 4 und durch ihre Film-Dokus, hatte sich die junge Regisseurin Elisabeth Scharang (das Drehbuch schrieb sie mit ihrem Vater, dem Schriftsteller Michael Scharang) für ihr Spielfilmdebüt an einem schwierigen Stoff versucht: dem Schicksal eines Kindes, das zu Ende des Zweiten Weltkriegs in die "Erziehungsanstalt" genannte NS-Euthanasieklinik am Wiener Spiegelgrund eingewiesen wurde. Ihr Vorhaben, dieses Horrorgeschehen nachzuzeichnen und einigermaßen erfassbar zu machen, ist mit jeder Faser gelungen. Im Mittelpunkt steht neben der Figur des Kindes und späteren jungen Mannes (Christoph Bach; als Kind Valentin Frais) ein NS-Psychiater (beklemmend dargestellt von Karl Markovics).

Die Handlung ist nicht frei erfunden, sondern orientiert sich an der Biographie eines ehemaligen Wiener NS-Psychiaters, der an eben jener Klinik tätig war, seinen Aufstieg erst in der Zweiten Republik erlebte, jahrelang Gerichtssachverständiger war - und erst vor wenigen Jahren wegen des Verdachts der Beteiligung an der Tötung von Kindern am Spiegelgrund vor Gericht gebracht wurde. Vor der TV-Ausstrahlung wurde bekannt, dass das Verfahren gegen den Arzt Heinrich Gross, wie im Film, wegen "Verhandlungsunfähigkeit" endgültig eingestellt sein dürfte.