Zum Hauptinhalt springen

Gegen die Eintönigkeit

Von Bernd Vasari

Politik

Österreich ist Schlusslicht bei Diversität, so eine Bertelsmann-Studie.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Von 10 Uhr bis 18 Uhr findet heute, Freitag, mit der "Fair.versity Austria" die erste Karrieremesse mit Schwerpunkt Diversität in Österreich statt. Ort der Veranstaltung ist die Wirtschaftskammer Wien im 4. Bezirk. Eröffnet wird die Messe von Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundsdorfer (SPÖ), Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) und der Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer, Renate Römer. Die Karrieremesse ist ein Projekt der Beratungsunternehmen Factor D - Diversity Consulting GmbH und Brainworker. Die beiden Organisatoren Manuel Bräuhofer und Manfred Wondrak sprachen mit der "Wiener Zeitung" über die Akzeptanz von Diversität in Österreich:

"Wiener Zeitung": Was hat der Begriff Fairversity eigentlich zu bedeuten?Manfred Wondrak: Fair heißt Messe und -versity kommt von Diversity, also Diversität, Vielfalt. Damit sprechen wir aber nicht nur von kultureller Vielfalt, sondern auch von Vielfalt bei sexueller Orientierung, Geschlecht, Behinderung, Alter und Religion. Diese sechs Dimensionen decken sich auch mit der Gleichbehandlungs-Rechtssprechung. Hier geht es um Merkmale, die im Laufe eines Lebens schwer änderbar und mit dem Menschen unmittelbar verbunden sind. Wir wollen aber weg von der oftmaligen Defizitbetrachtung dieser Dimensionen, und stattdessen zeigen, dass Vielfalt ein Vorteil ist und Potenziale bringt. Es gibt bereits Unternehmen, die auch so denken. Diese werden wir bei der Messe vor die Bühne holen.

Was brachte Sie auf die Idee, eine Diversitäts-Messe zu veranstalten?Manuel Bräuhofer: Mein Vater kommt aus der Türkei, ich bin also zwischen zwei kulturellen Welten aufgewachsen. Da habe ich sehr bald mitbekommen, dass es Menschen mit Migrationsgeschichte schwieriger haben als andere. So werden etwa Menschen, die ein Kopftuch tragen, oder ein -ic am Ende des Namens haben, ausgesiebt. So ergeht es aber auch Frauen, die schwanger werden, oder vielen Homosexuellen, die dann aus Angst vor Diskriminierung oftmals ihre sexuelle Orientierung verheimlichen. Um diesen Tatsachen entgegenzutreten, haben wir beschlossen, die Fairversity ins Leben zu rufen.

Wie sieht es mit Diversität in Österreich aus?Manfred Wondrak: Österreich ist in der EU Schlusslicht, was die Akzeptanz von Diversität angeht. Viele Migranten sind etwa für die Jobs, in den sie arbeiten, überqualifiziert.

Manuel Bräuhofer: Der migrantische Architekturprofessor, der Taxifahren muss usw. Diese Fälle gibt es in Österreich zuhauf. Es geht um Nostrifizierung. Da muss die Politik bessere Rahmenbedingungen vorgeben, aber nicht nur. Auch die Unternehmen müssen umdenken. Sieht man sich die oberen Etagen des Managements an, so ist der Durchschnitt über 50 Jahre alt, weiß und ein Mann. Das muss sich ändern, damit sich auch etwas in der unteren Ebene ändert. Die Unternehmen müssen sich öffnen. Sie sollten am besten schon jetzt damit beginnen.

Woran liegt es, dass Österreich in diesem Bereich so schlecht abschneidet?Manfred Wondrak: Eine Studie von Bertelsmann, die Österreich sehr negativ beurteilt, führt dies auf die religiösen Werte zurück, die im Alltag sehr stark verhaftet sind. Diese würden negativ mit der Akzeptanz von Diversität korrelieren.

Wie kann die Situation verbessert werden?Manfred Wondrak: Es braucht Plattformen, damit Menschen miteinander reden. Sobald man sich kennt, funktioniert es dann sowieso meistens.

Manuel Bräuhofer: Nach dem Motto: Mein türkischer Bäcker ist gut, die anderen sind böse. Das hört man immer wieder, aber nur weil er die anderen nicht kennt.

Manfred Wondrak: Eine dieser Plattformen soll die Fairversity sein. Wir wollen den Unternehmen zeigen, dass etwa auch eine Frau mit Kopftuch sehr gut Deutsch sprechen kann, oder dass ein Herr Ivanovic Fähigkeiten besitzt, die ein Herr Mayer nicht hat, zum Beispiel, weil er mehrsprachig ist. Auf der anderen Seite wollen wir Personen zeigen, dass es Unternehmen gibt, die nicht Vorurteile haben.

Was erwarten Sie sich von der Karrieremesse?Manuel Bräuhofer: Unser Ziel war es ursprünglich, 20 Aussteller zu gewinnen. Mittlerweile haben wir aber 40 und sind ausgebucht. Die von uns prognostizierten 300 Besucher werden wir wahrscheinlich auch übertreffen. Obwohl eine Anmeldung keine Pflicht ist, haben sich bereits über 1000 Menschen angemeldet. Das zeigt uns, dass eine Messe mit dem Schwerpunkt auf Diversität dringend notwendig war.

Zu den Personen

Manuel Bräuhofer

Seit sieben Jahren ist Bräuhofer Geschäftsführer der Kommunikations- und Beratungsagentur Brainworker. Er ist Autor des Buches "Ethnomarketing in Österreich" und Trainer für interkulturelle Kompetenz. Manfred Wondrak

Er ist Geschäftsführer der Factor D - Diversity Consulting, einer Unternehmensberatung für Diversity Management in Österreich und weiters Ideengeber der Initiative Charta der Vielfalt in Österreich.