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Gegen die Regel

Von Stefan Beig

Politik
Von Liebe ohne Grenzen erzählt ein neues Buch.
© © © Laura Doss/Corbis

Ein Buch über Paare, die nicht immer auf Gegenliebe stoßen.


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Wien. Buddie ist chaotisch, Petra organisiert. Seit sie ein Paar sind, sieht Petra vieles nicht mehr so eng und Buddie nicht mehr alles ganz so locker. Buddie hilft Petra beim Englischlernen und lernt gleichzeitig Deutsch, schließlich soll Österreich ihr Lebensmittelpunkt werden. "Wir lernen beide sehr viel voneinander", betont Petra. Sie kommt aus Österreich, Buddie aus Zimbabwe. Gegensätze können eben faszinieren.

Kennengelernt haben sich die beiden in Kapstadt in Südafrika. Es war Petras Faszination für Afrika - die Unverdorbenheit der Natur, die Natürlichkeit der Menschen -, die sie dorthin gezogen hat. Sechs Monate arbeitete sie als Helferin im Kinderspital. Beim regelmäßigen Chat mit ihrer Familie im Internetcafé ist die weiße Lady Buddie und seinen Kollegen aufgefallen. Hier begann eine Beziehung, die gerade von ihren Gegensätzen lebt. Gleiches gilt für die 14 anderen Liebespaare, die Gerhard Loibelsberger, der ansonsten eher als Krimi-Autor bekannt ist, in seinem Buch "Liebe grenzenlos" schildert.

Liebe kann Grenzen überwinden, doch das Umfeld spielt nicht immer mit. Petras Großeltern wollten ihre Beziehung zunächst nicht ernst nehmen. Mittlerweile haben sie Buddie aber ins Herz geschlossen. Auch Buddies Kumpel in Südafrika haben ihn gefragt: "Warum bist du mit einer Weißen zusammen? Such dir eine Schwarze!"

Für Ingrid bedeutete ihre Ehe mit Hans den Bruch mit ihrer Familie. Seit 40 Jahren sind sie verheiratet. Ingrids Verwandte blieben der Hochzeit zur Gänze fern. Der Grund: Hans stammt aus einer Roma-Familie. Schon vor der Ehe hat Ingrid für ihre Beziehung Watschen von der Mutter gekriegt. "Sie wollte um jeden Preis verhindern, dass ich mit einem Zigeuner zusammen bin." Doch gerade diese Ablehnung machte die Roma für Ingrid so richtig interessant. Die offene Art der Roma-Familie hat sie fasziniert. Dabei wurden fast alle Verwandten in Konzentrationslagern ermordet. Hans’ Mutter erlebte das Unfassbare: SS-Schergen brachten ihre Kinder vor ihren Augen um.

"A Mensch muss einen Charakter haben. Was er sonst is, is wurscht", meint Hans. Dass Ingrid fast keinen Kontakt mehr zu ihren Verwandten hat, lässt sie heute kalt. "Mir ist das wurscht. Ich habe sowieso meine eigene Familie: meinen Mann, meine Kinder und meine zehn Enkelkinder." Auf die Frage, was für ihn Glück bedeutet, sagt Hans ohne nachzudenken: "Dass ich meine Frau und unsere Familie hab."

Probleme mit der Bürokratie

Als sich Arzu und Mike ineinander verliebten, hielt Arzu die Beziehung zunächst vor ihren Eltern geheim. Arzu kommt aus einer türkischen Familie, Mike aus Nigeria; in Österreich hat er um Asyl angesucht. Nach der Hochzeit war der Skandal perfekt. "So einen Schwiegersohn hatte mein Vater sich nicht gewünscht - kein Türke, kein Moslem, kein Weißer", erinnert sich Arzu. Anders als Petras Eltern hat sich ihre Familie aber mit der Ehe angefreundet. Arzus Mutter mag heute Mike, und in der Türkei wurden beide von den Verwandten offen empfangen. Ihre Tochter Aliya liebt auch Arzus Vater sehr.

Die Familie war nicht die einzige Herausforderung für diese Ehe. Die andere war es, eine Aufenthaltsbewilligung für Mike zu bekommen. Absurderweise hat das erst von der Türkei aus ganz geklappt. Mühselige Erfahrungen mit den Behörden ziehen sich wie ein roter Faden durch die Lebensgeschichten in dem Band.

Fast ein Jahr lang bemühte sich Rudolf um ein Visum für seine russische Frau Diana. "Ich sah, wie man Migranten Schwierigkeiten und Hürden aufbaut. Da habe ich ein bisschen den Glauben an unser Land verloren." Buddie muss sich noch daran gewöhnen, als Schwarzer auf der Straße angestarrt zu werden. "Das muss ich lernen zu ignorieren. Trotzdem möchte ich hier leben."