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Gegen Israels Sturheit keine Chance: Abbas trägt schwer an Arafats Erbe

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Die Zeit meint es gnädig mit Yassir Arafat. Fünf Jahre nach seinem Tod ist vergessen, dass er die letzten drei Jahre seiner Präsidentschaft am Sitz seiner Autonomiebehörde praktisch unter israelischem Hausarrest stand, dass ihn der Westen unter israelischem Einfluss nicht mehr als Verhandlungspartner ernst nahm. In Erinnerung ist Arafat als Kämpfer für die palästinensische Sache, der den Autonomiestatus erstritt und die Oslo-Verträge unterzeichnete, die Hoffnung auf einen Nahostfrieden machten. Die Palästinenser respektieren ihn heute mehr als zu seinen Lebzeiten.


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Seinem Nachfolger Mahmoud Abbas blieb dieser Respekt stets verwehrt. Nie schaffte er die Balance zwischen extremistischen und moderaten Angehörigen seines Volkes, im Gegenteil machte sich die radikal-islamistische Hamas im Gaza-Streifen selbständig. Unter dem Druck des Westens schlug sich Abbas sofort auf die Seite der Moderaten, wollte mit Friedensverhandlungen eine Lösung mit Israel aushandeln. Mit seiner Ankündigung, bei den kommenden Präsidentenwahlen nicht mehr antreten zu wollen, räumt er das vorläufige Scheitern dieses Weges ein.

Nach dem jahrelangen Stillstand durfte er sich mit dem Amtsantritt von Barack Obama noch einmal Hoffnungen machen, bestand doch der neue US-Präsident zunächst auf einem Baustopp für jüdische Siedlungen, so wie Abbas selbst. Auch beim jüngsten Besuch von Israels Premier Benjamin Netanyahu in Washington gab Obama deutlich zu verstehen, dass er die israelische Kompromisslosigkeit nicht schätzt. Dennoch lassen jüngste Äußerungen erkennen, dass die USA nicht so viel Druck auf Israel ausüben können und wollen wie erhofft.

Würde Abbas nicht kandidieren, wäre ungewiss, wer ihm folgen könnte. Treten mehrere Anwärter aus seiner Fatah-Partei in Wettstreit, könnte davon die radikale Hamas oder andere Extremisten profitieren, die keine Aussöhnung mit Israel wollen.

In Israel wird allerdings die Rückzugsdrohung von Abbas nicht wirklich ernst genommen. Die meisten Politiker sehen darin nur ein taktisches Manöver, das dazu dienen könnte, die von Abbas ursprünglich für Jänner angesetzten Wahlen hinauszuzögern und den Präsidenten länger an der Macht zu halten. Vielleicht möchte der 74-Jährige auch nur den Rückhalt im eigenen Lager vergrößern. Schon sind tausende Palästinenser im Westjordanland auf die Straße gegangen, um ihn zum Bleiben zu bewegen. Und auch Israels Präsident Schimon Peres hat ihn aufgefordert, noch einmal zu kandidieren.

Abbas hat allerdings nicht viele Alternativen. Gibt er seine Forderung nach einem radikalen Siedlungsstopp der Israelis auf, ist eine Niederlage seiner Fatah bei den Wahlen sicher. Schon jetzt wäre seine Wiederwahl wegen der von vielen Palästinenser empfundenen Nachgiebigkeit ungewiss, zumal die Hamas zum Boykott aufruft. Aus diesem Dilemma wüsste wohl nicht einmal Arafat einen Ausweg.

Siehe auch:Kühler Empfang für Netanyahu in Washington