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Gegenfinanzierung durch Verwaltungsreform?

Von Peter Bußjäger

Gastkommentare
Peter Bußjäger ist Verfassungs- und Verwaltungsjurist an der Universität Innsbruck, Direktor des Instituts für Föderalismus und Forschungsbeauftragter des Liechtenstein- Instituts sowie Mitglied des Liechtensteinischen Staatsgerichtshofs.

Insgesamt ist in der Reformdiskussion ein größerer Realismus über die erzielbaren Einsparungen gefragt.


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Für die Finanzierung der Steuerreform will die Bundesregierung 1,1 Milliarden Euro ungefähr jeweils zur Hälfte bei Verwaltungsreform und bei den Förderungen lukrieren. Auf viel Anerkennung stößt sie damit aber nicht. Die Kritik greift von zwei Seiten an: Zum einen wird die bloße Ankündigung von Reformen als zu unverbindlich bewertet, zum anderen wird kritisiert, dass keine strukturellen Reformen angegangen würden und das wahre Einsparungspotenzial nicht ausgeschöpft werde.

Tatsächlich sind bisher mit Ausnahme der Schulverwaltung keine konkreten Reformprojekte bekannt. Es gibt zwar umfangreiche Berichte der Aufgaben- und Deregulierungskommission, man weiß aber nicht recht, welche Punkte die Regierung verwirklichen will. Sie weiß es wohl auch selbst noch nicht.

Man kann jenen, denen 1,1 Milliarden Euro Einsparungen in der Verwaltung zu wenig sind, ihre Enttäuschung nicht verdenken. In der Vergangenheit haben sich namhafte Personen, die es eigentlich besser wissen müssten, gegenseitig geradezu überboten, eine möglichst hohe Zahl an Milliarden auszurufen, die durch eine Verwaltungsreform zu holen seien. Da wurden den Bürgern erst drei, dann fünf, dann acht Milliarden in Aussicht gestellt. Und jetzt soll es - zusammen mit den Förderungen - gerade mal etwas mehr als eine Milliarde sein?

In Wahrheit sind die 1,1 Milliarden Einsparungen ein ambitioniertes Projekt, das Anerkennung verdient. Die halbe Milliarde an Einsparungen, die Bund, Länder und Gemeinden bei den Förderungen kurzfristig erbringen müssen, wird noch am leichtesten durch eine lineare Kürzung beziehungsweise Nichtanpassung an die Inflation zu erbringen sein. Oder soll von heute auf morgen etwa auf die Wirtschaftsförderung verzichtet werden?

Entgegen landläufiger Meinung ist bei Reformen in den Verwaltungsstrukturen im Vergleich zu den Förderungen wenig zu gewinnen: So hatte vor einigen Jahren eine Gruppe von Experten ein absurd hohes Einsparungsvolumen von 1 Milliarde Euro errechnet, das sich durch eine Reform der Schulverwaltung lukrieren lasse. Mittlerweile bewegen sich die seriösen Schätzungen bei einer Summe von gerade mal 50 Millionen, also etwa fünf Prozent des Fantasiebetrages von damals.

Die jüngsten Meldungen über die Reform der Schulverwaltung stimmen dennoch optimistisch: Offenbar hat die eingesetzte Expertengruppe die Sinnhaftigkeit einer Verschmelzung von Landesschulräten des Bundes und den Landesschulverwaltungen erkannt. Die Steuerungsfähigkeit des Bundes wird durch diese "Verländerung" in keiner Weise gefährdet. Das Modell könnte Ansatz für weitere Reformen bieten: In der Sozialverwaltung haben wir eine auch vom Rechnungshof kritisierte Parallelverwaltung von Bund und Ländern. Hier könnten durch Eingliederung der Aufgabenbesorgung in die Landesverwaltung Synergien erzielt werden, ohne dass die Kompetenz des Bundes, Aufgaben und Ziele zu definieren, infrage gestellt ist.

Insgesamt ist jedoch in der Reformdiskussion größerer Realismus gefragt. Besonders wichtig wäre die Klärung, aus welchen Aufgaben sich Bund, Länder und Gemeinden mittelfristig zurückziehen können. Dort liegen dann die wirklich großen Einsparungspotenziale!