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Seinen Antritt als Chef der deutschen FDP hatte sich Philipp Rösler wohl anders vorgestellt: Seit Anfang April designierter Vorsitzender der Liberalen, wollte der Gesundheitsminister ursprünglich schon zu Ostern sein Personalpaket für eine erneuerte FDP präsentieren. Der Parteitag Mitte Mai hätte dann nur noch das Signal zum Aufbruch der in Umfragen beständig unter der Fünf-Prozent-Hürde grundelnden Partei gegeben.
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Hätte, wäre, würde. Denn das Hauen und Stechen um die noch verbliebenen liberalen Futtertröge durchkreuzte alle schönen Pläne. Im Mittelpunkt des Machtkampfes standen vor allem Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der nicht weichen wollte, und Fraktionschefin Birgit Homburger. Letztere deponierte bereits Anfang April, nicht als Bauernopfer für Niederlagen zur Verfügung zu stehen.
Jetzt muss Homburger doch ihren Posten räumen - ausgerechnet für Brüderle, dem nicht wenige Liberale ein gehöriges Maß an Schuld an den Wahlniederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz geben. Der Wirtschaftsliberale hatte sich vor Vertretern der Industrie verplaudert und, mitten im Anti-Atom-Wahlkampf, das deutsche AKW-Moratorium als "Wahlkampf-Manöver" bezeichnet.
Nun ist Brüderle zwar seinen Traumjob los - denn das Wirtschaftsministerium übernimmt Rösler -, innerparteilich ist der 65-Jährige auf dem neuen Posten aber mächtiger denn je: Während er sich als Wirtschaftsminister fast alle Zuständigkeiten mit anderen teilen musste, hat Brüderle jetzt als Fraktionschef nämlich bei sämtlichen Themen das letzte Wort.
Und der Pfälzer hat eine klare Agenda - nämlich einen Linksruck der FDP durch die "Boygroup" um Rösler, Generalsekretär Christian Lindner und den zukünftigen Gesundheitsminister Daniel Bahr zu verhindern. Die drei einen nicht nur ihre Jugend und eine gewisse Glätte, sie haben auch ein gemeinsames Buch verfasst, in dem sie fordern, die FDP solle ihr Themenspektrum verbreitern und mehr bieten als das Beharren auf Steuersenkungen. Reine Ordnungspolitik gehe an den Menschen vorbei, man müsse - mit "Empathie" - den Grünen Paroli bieten. Wirtschaftsliberale wie Brüderle sehen das als fatale Entwicklung hin zur Beliebigkeit.
Unter diesen Voraussetzungen beginnt der Parteivorsitz für Rösler alles andere als rosig - es sei denn, es gelingt ihm, den "Problembären" - so der parteiinterne Spitzname Brüderles - zu zähmen.