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"Gegner müssen hinter Gitter"

Von Arian Faal

Politik

Sadegh Larijani zum neuen Justizminister ernannt. | Zwei Frauen sollen der künftigen Regierung angehören. | Teheran/Wien. Zwei Wochen hatte Präsident Mahmoud Ahmadinejad seit seiner Angelobung Zeit, sein Team zusammenzustellen. Heute, Mittwoch, ist es soweit - er präsentiert seine Ministerliste. Viele neue Gesichter werden darunter sein. Und erstmals seit Beginn der Islamischen Revolution 1979 sollen auch Frauen Ministerämter bekleiden.


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Der Schritt gilt als Versuch, im Streit um die Präsidentenwahl mehr Unterstützung von der weiblichen Bevölkerung zu erhalten. Angekündigt hat der Staatschef, zumindest das Gesundheits- und Sozialministerium an Iranerinnen zu vergeben. Die 50-jährige Gynäkologin Marzieh Vahid Dastjerdi und die 43-jährige Abgeordnete Fatemeh Ajorlou sind dafür vorgesehen. Beide sympathisieren mit den Hardlinern. Von den bisherigen Regierungsmitgliedern dürften nur wenige ihren Posten behalten. Vor allem die liberaleren unter ihnen wie Außenminister Manouchehr Mottaki und Ölminister Gholamhossein Nozari sind nicht mehr mit von der Partie.

Eine weitere wichtige Personalrochade wurde bereits am Montag vollzogen. Der bisherige Justizchef Hashemi Shahrudi wurde von Sadegh Larijani abgelöst. Bei der Angelobungsfeier trafen erstmals seit Monaten Ahmadinejad und sein politischer Widersacher Akbar Hashemi Rafsanjani persönlich aufeinander. Politiker unterschiedlicher politischer Ausrichtung waren ebenfalls anwesend, um Larijani für seine fünfjährige Amtszeit zu beglückwünschen.

Die Bilder, die im staatlichen Fernsehen gezeigt wurden, waren an Symbolik kaum zu überbieten. Zwar machten Rafsanjani und Ahmadinejad gute Miene zum bösen Spiel und tauschten Höflichkeitsgesten aus, doch war der Riss in der Führungsriege kaum zu übersehen: Viele der anwesenden Geistlichen setzte eine eiserne Miene auf, als der Staatschef zu sprechen begann.

Ahmadinejad sorgt für einen Eklat

Ahmadinejad, der fast um eine Stunde zu spät kam, nützte das mediale Interesse an dem Ereignis sogleich für einen Seitenhieb auf die Opposition: Er schloss sich den Aufrufen der Ultraradikalen an und rief die Justiz dazu auf, die führenden Regimekritiker hinter Gitter zu bringen. "Wenn die Mächtigen und Reichen vor Gericht gestellt würden, dann würde es für diejenigen, die niedrigere Posten bekleiden, keinen Spielraum für Fehlverhalten geben", erklärte er. Alle wussten, dass damit nur die beiden Ex-Präsidenten Mohammad Khatami und Rafsanjani gemeint sein konnten, die sich im Wahlkampf demonstrativ hinter Ahmadinejads Herausforderer Mir Hussein Moussavi gestellt hatten. Khatami schloss sich nun offiziell auch Moussavis Reformbewegung "Grüner Pfad der Hoffnung" an.

Nach Ahmadinejad war Larijani am Wort. Der Bruder des Parlamentspräsidenten Ali Larijani gilt zwar als Hardliner und wurde vom obersten geistlichen Führer persönlich ausgewählt, steht jedoch der aktuellen Führung rund um den Staatschef äußerst skeptisch gegenüber.

"Misshandlungen werden geahndet"

Der neue Justizchef, ein enger Vertrauter Rafsanjanis, griff in seiner Eröffnungsrede denn auch indirekt die Vorgangsweise der Militärs während der Oppositionsproteste an: "Niemand sollte sich erlauben, gegen das Gesetz zu verstoßen und den Bürgern ihre Rechte verwehren. Solche Gesetzesbrecher sollten wissen, dass sie sehr bald vor der iranischen Justiz Rede und Antwort stehen müssen", drohte Larijani. Kurz bevor Rafsanjani das Wort ergreifen wollte, verließen Ahmadinejad und einige Regierungsmitglieder demonstrativ den Saal. Blicke der Verwunderung und des Zorns wegen der unhöflichen Geste begleiteten die Politiker hinaus.

Rafsanjani selbst holte zum Gegenschlag aus und warnte mit Blick auf die Massenprozesse gegen Oppositionelle vor "ungerechten Entscheidungen der Justiz" und verlangte ein faires Gerichtswesen. Wenn die Iraner keinen keinen juristischen Schutz genießen, dann sei das so, als ob man ihnen Glasscherben ins Essen mische.