London - Ein "schönes Dokument" habe das Vereinigte Königreich da erstellt, lobte US-Außenminister Colin Powell in seiner mit Spannung erwarteten Rede vor dem UNO-Sicherheitsrat. "In vorzüglichen Details" würden da die Täuschungsmanöver des irakischen Präsidenten Saddam Hussein beschrieben. In London war zu erfahren, das Papier gehe auf Informationen des Geheimdienstes MI6 zurück. Dann allerdings kam die Wahrheit ans Licht: Das Dossier ist in großen Teilen aus der mittlerweile veralteten Arbeit eines kalifornischen Studenten abgeschrieben worden
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Ibrahim al-Marashi (29), ein angehender Wissenschaftler aus Kalifornien, hatte es zunächst gar nicht fassen können, dass eine Arbeit aus seinen Studententagen seitenweise Eingang in das mit viel Tamtam angekündigte Dossier der Downing Street gefunden hatte. "Zuerst war ich geschmeichelt - und dann überrascht, dass sie mich nicht zitiert haben", sagte er. "Künftig werde ich misstrauischer sein, wenn ich etwas vom britischen Geheimdienst lese. Die haben sogar meine Fehler dringelassen." Auch andere Wissenschaftler erkannten sich wieder oder erinnerten sich, das schon einmal im Internet gelesen zu haben.
Die britische Studentengewerkschaft mahnte Blair: "Abschreiben ist ein sehr ernsthaftes Vergehen, und Studenten, die dabei erwischt werden, müssen mit ernsthaften Konsequenzen rechnen." Blairs Parteifreundin Glenda Jackson, eine ehemalige Filmschauspielerin und Staatssekretärin, ging weiter: Die Unterhausabgeordnete warf der Regierung vor, die Öffentlichkeit belogen zu haben.
Wenn die Downing Street das auch entschieden bestreitet, so stand am Freitag doch das eine fest: Diese PR-Offensive ist nach hinten losgegangen. Nach Einschätzung britischer Kommentatoren zeigt sie auch, dass Blair nicht mehr weiß, was er noch tun soll, um die Bevölkerung auf seine Seite zu bekommen. Denn drei von vier Briten lehnen einen Krieg ohne neue UNO-Resolution nach wie vor ab, und selbst mit dem Segen des Sicherheitsrates sind mehr Wähler gegen als für einen Krieg.
Blair hat selbst zugegeben, dass er mit seiner hundertprozentigen Unterstützung für den Kurs von US-Präsident George W. Bush "politisch alles riskiert", auch sein Amt. Es sei noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten, sagte er am Donnerstagabend im britischen Fernsehen. Aber Starmoderator Jeremy Paxman höhnte nur: "Was machen Sie eigentlich so mit Bush? Beten Sie zusammen?" Da war Blair für einen Moment anzusehen, wie einsam er sich in diesen Tagen manchmal fühlt.