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Geheimdiplomatie

Von Ernest G. Pichlbauer

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Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.

Die Geheimniskrämerei rund um die Kassensanierung ist demokratiepolitisch traurig, auch wenn man erstmals auf Vernünftiges hoffen darf.


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Es ist wieder einmal Zeit, tiefschürfende Gedanken zu wälzen.

Jetzt ist es also veröffentlicht worden, das (Kurz-)Konzept zur Kassensanierung. Zwar haben einige versucht, daraus ein Gesundheitsreformpapier zu machen, aber die, die es geschrieben und veröffentlicht haben, weisen zurecht darauf hin, dass es nur ein Konzept ist, die zu erwartenden Kassen-Schulden nicht entstehen zu lassen. Daher ist auch das Wort Einsparungspotential falsch. Es wird nicht gespart, es sollen nur die Ausgaben nicht schneller wachsen als die (prognostizierten) Einnahmen.

Das veröffentlichte Papier selbst, gerade einmal 20 Seiten stark, zeigt mit seiner Wortwahl und seinem Aufbau bereits klar, dass es sich nur um eine hochaggregierte Zusammenfassung handelt. Dahinter stehen zwar viele Seiten Detailbeschreibungen, die bleiben allerdings streng geheim.

Schon im Vorfeld wurde bekannt, dass erstmalig auch externe Experten an dem Papier von Hauptverband und Ärztekammer mitgearbeitet haben. Ein Quantensprung! Wer jedoch diese externen Experten genau sind, bleibt leider ebenfalls streng geheim. Einer (dem das Konzept allerdings nur vorgestellt wurde) behauptet nunmehr immerhin, es sei das Vernünftigste, was er in seiner Karriere jemals seitens der Sozialversicherungen gesehen hat.

Es schaut also so aus, als ob da wirklich etwas Gescheites herausgekommen sein könnte. Warum, frage ich mich nun, wird dieses offenbar gute Werk nicht veröffentlicht und einer breiten Diskussion unterworfen?

Immerhin sind einige Dinge enthalten, die man sicher nicht einfach dekretieren kann. Da denke ich beispielsweise an die vorgeschlagenen "Disease Management"-Programme. Um solche strukturierten Behandlungsprogramme für große Patientengruppen mit chronischen Krankheiten (z.B. Diabetiker, Bluthochdruckpatienten) umzusetzen, muss man einen breiten und langen Konsensprozess einleiten. Die Finnen haben zehn Jahre gebraucht, um ihr Diabetiker-Programm abzustimmen. Dafür weiß nun jeder, was er zu tun hat - beginnend bei der Nahrungsmittelindustrie bis hin zu den Pflegeheimen.

Aber auch ganz generell sollte doch jeder wissen können, was da im solidarisch finanzierten Gesundheitssystem geplant ist. Alle sollten sich ein Bild machen können, nicht nur Privilegierte, auch "selbst ernannte Experten" (ein Ausdruck, der immer häufiger verwendet wird und mich erschreckt, da er nur dazu dient, andere "klein" zu machen; und überhaupt. Wer darf denn die sogenannten Experten ernennen?) und Journalisten.

In einer Demokratie müssen doch alle, interessierte Laien genauso wie ernannte und tatsächliche Experten, Zugang zu den gleichen Informationen haben. Immerhin geht es in diesem Fall um ein hohes Gut, das Gesundheitssystem. Das Geld, das hier von uns allen hineingesteckt wird - seien es Pflichtbeiträge oder Pflichtsteuern - stammt vom Volk und nicht von irgendwelchen Institutionen, die gerne als Scheingeldgeber auftreten. Geheimniskrämerei ist vielleicht in Sachen innerer Sicherheit und Landesverteidigung angebracht, aber sicher nicht beim Thema Gesundheitsversorgung.

So habe ich ein lachendes und ein weinendes Auge. Ich will hoffen, dass das Konzept so gut ist, wie es Menschen, denen ich zutraue, es zu beurteilen, hinter vorgehaltener Hand beschreiben. Dass man sich jedoch nicht traut, es zu veröffentlichen und nur ausgewählten Entscheidungsträgern (denen ich nicht zutraue, es richtig zu bewerten) vorlegt, die dann vom hohen Ross herab sagen: "Ja, das ist gut für´s Volk", dass irritiert mich. Demokratie funktioniert nämlich ein klein wenig anders!