Es gibt zwar eine "politische Vereinbarung über ein partnerschaftliches Zielsteuerungssystem", aber diese wird gehandelt wie eine Verschlusssache.
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Sperrig ist die Überschrift des, unter strikter Geheimhaltung, über mehr als ein Jahr verhandelten Papiers, das im Juni 2012 als DIE Gesundheitsreform verkauft wurde (und bis heute nicht offiziell im Internet veröffentlicht ist).
Das Papier ist voll von strategischen Aussagen, die völlig ausreichten, darauf jene Regeln aufzusetzen, die nötig sind, die politisch gewollte Versorgung zu organisieren. Anders ausgedrückt, eigentlich hätte die Politik auf der Systemebene ihre Arbeit geleistet, um jetzt jene Experten arbeiten zu lassen, die, auf der Ebene der Versorgung, das organisieren, was der politischen Meinungsbildung entspricht.
So funktioniert die Welt bei uns aber nicht. Denn hierzulande muss die Politik viel tiefer in das Geschehen eingreifen. Das macht es schwierig, Regeln festzulegen, nach denen das Gesundheitswesen funktionieren soll. Denn realiter funktioniert eben die Versorgung (dazu gehören auch Spitalstandorte oder Kassenplanstellen) nach politischer Willkür, die sich jeglicher Vernunftregelung entzieht. Diese Art der Gesundheitspolitik ist leicht an der Gesundheitsreform 2005 zu sehen.
Alles, was in der Vereinbarung 2012 steht, war grosso modo bereits 2005 fest vereinbart. Auch damals sollten Länder und Kassen gemeinsam planen und steuern - und auf Bundesländerebene verbindliche "Regionale Strukturpläne Gesundheit" entwerfen (diesem Gesetzesauftrag sind bis Mai 2012 nur sechs Länder nachgekommen) .
Und wie sehen diese Pläne konkret aus? Zuerst wird wortreich und gesetzestreu beschrieben, nach welchen logischen und am Patienten ausgerichteten Regeln geplant werden soll. Dann kommt der Ergebnisteil; immer in Tabellenform und meist nur auf Spitäler bezogen. Hier werden jene Details offenbar, die eben das Ergebnis der Berechnungen sein sollten: Wer allerdings versucht die Ergebnisse nachzuvollziehen, muss scheitern. Denn anstatt den Regeln zu folgen, sind die Ergebnisse allesamt willkürlich. Jedes Spital, jede Abteilung und, wo vorhanden, jede Kassenplanstelle, sind nicht das Ergebnis vernünftiger Überlegungen, sondern politischer Verhandlungen.
Und um dieses Spiel fortzusetzen, verhandelt auch diesmal ein klitzekleiner Kreis höchster Amtsträger das, was uns dann alle betrifft; eine Geheimdiplomatie, wie man sie sonst nur aus Kriegs-, Verteidigungs- oder Außenministerien kennt. Dort dient Geheimhaltung dazu, möglichen Feinden nichts vorzeitig zu offenbaren - aber wer sind denn in diesem Zusammenhang die Feinde?
Jedenfalls existiert seit September ein Arbeitspapier. Vor zwei Wochen wurde bekanntgegeben, dass man konkret verhandelt. Wer genau verhandelt, weiß man allerdings nicht. Aber am 19. September hat ein Landesrat wenigstens ein bisschen etwas preisgegeben, indem er bedauerte, dass die Ärztekammer nicht mitverhandeln dürfe (in seinem Bundesland stehen Wahlen an - da will man es sich ja nicht mit den Ärzten verscherzen). Das Papier veröffentlicht, damit alle mitreden können, hat er aber nicht.
Warum auch, geht ja niemanden etwas an.