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Geheimtipps oder Zeitbomben?

Von Peter Muzik

Wirtschaft

Es braucht nicht viel, um eine Bank aufzumachen. | Auch christliche Missionare mischen am Markt mit. | 45 Sonderbanken mit speziellem Status. | Michael Lielacher, allseits als "Mike" bekannt, zeigt sich fest entschlossen, demnächst ein Comeback zu feiern: Der einstige Aktien-Guru der Ersten Österreichischen Spar-Casse will, wie berichtet, unbedingt eine Investmentbank gründen. Diese soll - trotz offiziellem Sitz in Pressburg - in Wien stationiert sein.


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Zuletzt hat Lielacher wenig Glück gehabt. Immerhin sind mehrere Unternehmen in seinem Dunstkreis entweder insolvent (sein Callcenter CLC), gescheitert (Blue Bull), von der Bildfläche verschwunden (Webfree TV) oder aus dem Firmenbuch gelöscht ("Bachforelle"-Unternehmensbeteiligungs-GmbH).

Jetzt stehen Lielacher vier Partner, die in ihrer Vergangenheit ebenfalls einige geschäftliche Kratzer abbekommen haben, parat - Christian Tomaschek etwa war Ex-Vorstand der Riegerbank, und Peter Schmid Geschäftsführer der berühmt-berüchtigten Eastbrokers. Für das ambitionierte Quintett geht es nunmehr darum, zwei Millionen Euro Stammkapital zusammenzukratzen, um Österreichs Bankenszene um einen Farbtupfer bereichern zu können.

Im Zuge der jüngsten Affären rund um die Meinl-Bank, den Breakdown der Privatbank Constantia und die Geldschiebereien des Bankhauses Medici haben speziell kleinere, der breiten Öffentlichkeit völlig unbekannte Institute ein großes Imageproblem bekommen: obwohl etliche bei ihrer jeweiligen Zielgruppe durchaus als Geheimtipp gelten und über jedem Zweifel erhaben sind - wie etwa die erst seit 2006 bestehende Österreich-Tochter der traditionsreichen Privatbank Sal. Oppenheim jr. & Cie. Trotzdem, die Skepsis unter der heimischen Kundschaft ist gewachsen, ob derartige Institute denn tatsächlich astrein seien oder nicht eher tickende Zeitbomben.

Die österreichische Bankenlandschaft ist durch eine riesige Klein-Groß-Kluft getrennt. Die rot-weiß-rote Branche, in der die italienische Bank Austria als Nummer eins, die amerikanische Bawag oder die mehrheitlich deutsche Hypo Alpe Adria ganz vorne mitmischen, präsentiert sich in bunter Aufmachung: Die 867 Hauptanstalten, von denen 17 gänzlich und 10 mehrheitlich in Auslandsbesitz stehen, lassen sich in mehrere Sektoren gliedern: Neben den einstufig organisierten Aktienbanken, Landes-Hypos und Bausparkassen spielen die mehrstufig aufgebauten Blöcke eine große Rolle.

Die von der Erste Bank angeführten Sparkassen, der Riese Raiffeisen mit der RZB als Spitzeninstitut sowie die Volksbanken stellen einen Großteil der insgesamt 4254 Zweigstellen.

Groß lebt neben Winzig

Laut kürzlich veröffentlichter Aufstellung im bibelähnlichen Fachmagazin "The Banker" rangieren nicht weniger als 18 österreichische Banken unter den 1000 größten Kreditinstituten der Welt.

Das Kontrastprogramm an winzigen Bankinstituten, die kaum jemand kennt, weil sie im Verborgenen gedeihen, ist allerdings beachtlich. Zu Österreichs unbekanntesten Kreditinstituten, die nur Kennern ein Begriff sind, gehören beispielsweise in ausländischem Besitz befindliche Unternehmen wie die Adria Bank, die Banco do Brasil oder die türkische Vakif Bank, deren Zinssätze zumeist unschlagbar sind. Auch die 32 Zweigniederlassungen ausländischer Banken - von der belgischen Fortis Bank über die UBS Luxembourg bis zur japanischen Bank of Tokyo-Mitsubishi - bringen es hier zu Lande bloß auf einen bescheidenen Bekanntheitsgrad.

Die meisten ausländischen Mitbewerber, die in Österreich mit einem Büro und ein paar Mitarbeitern präsent sind, sind wahre No-Names, die den wenigsten Bankkunden ein Begriff sind - darunter die bayrische Salzburg-München-Bank, die britische Macquarie Bank, die Svenska Handelsbanken oder die Team Bank, Ableger eines Nürnberger Instituts. Auch den 20 Auslandsbanken, die sich hier zu Lande lediglich eine Repräsentanz leisten, beispielsweise die französische BNP Paribas, die amerikanische Chase Manhattan oder die deutsche Landesbank Baden-Württemberg, geht es um nichts besser: Sie agieren am Markt bestenfalls wie Statisten.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Die Deutsche Bank-Filiale ist in Österreich derzeit mit rund 150 Mitarbeitern im Firmenkunden-, gehobenen Privatkundengeschäft sowie im Bereich Asset Management tätig. Sie konnte sich seit 1989, als sie das Bankhaus Antoni, Hacker & Co. aufgekauft hat, als eine der renommiertesten Auslandsbanken im Lande etablieren.

Exotische Bank-Blüten

Und wird daher weitaus weniger argwöhnisch betrachtet als so manche Exoten, etwa der Ableger der 1964 von den Steyler Missionaren gegründeten deutschen Missionsbank, die auch in Mödling präsent ist. Die Steyler Bank bietet die gesamte Palette einer modernen Privatbank an, von Sparkonten über Internetbanking bis zu Investmentfonds - mit dem Unterschied, dass ihre Gewinne nicht in den Taschen von Aktionären landen, sondern an die Missionare fließen.

Einige der unbekannten Institute im Miniaturformat beschäftigen in der Tat nur ein paar Mitarbeiter. Andere wiederum bringen es lediglich auf eine bescheidene Bilanzsumme von gerade mal 6,5 Millionen Euro. Und manche weisen, so wie die Linzer Partnerbank, lediglich winzige Bilanzgewinne aus, die eigentlich gar nicht der Rede wert sind. Die No-Name-Banken zählen häufig, so wie die durchaus angesehene Oesterreichische Kontrollbank, zur Kategorie der 45 heimischen Sonderbanken. Bei diesen handelt es sich überwiegend um Kapitalgesellschaften, die spezielle Aufgaben erfüllen. Damit sind etwa die Finanzierung von Exportgeschäften, die Gewährung mittel- und langfristiger Investitionskredite, die Verwaltung von Investmentfonds, die Ausgabe von Kreditkarten etc. gemeint.

Nur halbe Konzession

Sonderinstitute, zu denen etwa auch Wohnbau-, Mobilfunker- oder Autobanken gehören, haben nur eine eingeschränkte Konzession und sind - mit wenigen Ausnahmen - zur Hereinnahme von Einlagen nicht befugt.

Irgendwie hat sich, seitdem etwa im Juli des Vorjahrs eine Zweigniederlassung der isländischen Kaupthing Bank in Österreich aufgetaucht ist, der Eindruck gefestigt, dass hier zu Lande beinahe schon jeder eine Bank aufsperren kann - ob das nun die renommierte französische Kreditversicherung Coface ist, engagierte deutsche Ordensbrüder oder eben ein ehrgeiziger Mike Lielacher. Die Finanzmarktaufsicht FMA, die für Bankkonzessionen zuständig ist, muss daher höllisch aufpassen, um den Österreichern weitere Bankenskandale zu ersparen.

Banken-Test, selbstgemacht: Kennen Sie die?A 1 Bank: 2002 gegründet, hundertprozentige Tochter der Mobilkom Austria. Bilanzsumme: 7,7 Mio. Euro. Fokus ihrer Tätigkeit liegt in den Bereichen Transaktionsclearing, Händlerabrechnung, Zahlungsgarantie und Entwicklung von Prepaid- Produkten.

Bank für Ärzte und freie Berufe - kurz: Ärztebank: Als Spezialinstitut des Volksbanken-Sektors auf Finanzdienstleistungen als Beraterbank für Lösungen für die Ärzteschaft konzentriert. Bilanzsumme: 863 Mio. Euro.

Euram Bank AG - sprich: European American Investment Bank: Gründung 1999, sitzt im Wiener Palais Esterhazy und steht im Eigentum des Managements sowie privater Investoren. Konzentriert sich auf Private Banking für vermögende Privatkunden, Familienunternehmen oder institutionelle Investoren. Bilanzsumme: 243 Mio. Euro.

LGT Bank(Österreich) AG: seit 2007 in Wien aktiv. Die seit fast 80 Jahren im Besitz des Fürstenhauses von Liechtenstein stehende LGT Group ist mit 1870 Mitarbeitern an 29 Standorten in Europa, Asien und dem Mittleren Osten präsent und verwaltet rund 78 Milliarden Schweizer Franken.

Partner Bank: Sitz in Linz, hieß früher Imperial Bank. Alleinaktionär ist die in Vaduz beheimatete Foundation for Social and Economic Development, hinter der der Austro-Perser Faramarz Ettehadieh steckt. Die Bilanzsumme beläuft sich auf 13,4 Mio. Euro.

Paylife Bank: Die frühere Europay Austria Zahlungsverkehrssysteme fungiert seit 1980 als Drehscheibe zwischen Kreditkarteninhabern, Banken und Vertragspartnern von MasterCard, Visa, Maestro oder der elektronischen Geldbörse Quick.

Sparda Bank: Bereits 1868 wird in Österreich das "Spar- und Vorschusskonsortiums für die K&K Südbahn" gegründet, das vornehmlich Eisenbahnern, die in Not geraten waren, half. 1938 erfolgte die Neugründung in drei voneinander rechtlich unabhängige Genossenschaftsbanken in Wien, Villach und Linz. Konzentration auf Privatkunden (kostenlose Gehaltskonten und günstige Kredite).

Steyler Bank: Ableger der einzigen deutschen Missionarsbank, die seit 1964 schon 55 Millionen Euro in die Missionsarbeit der Steyler Missionare fließen ließ.

VTB Bank (Austria): Die einstige Donau Bank ist eine 100-prozentige Tochter der russischen JSC VTB Bank. Spezialist für den russischen bzw. den GUS-Markt sowie Mittel- und Osteuropa. Bilanzsumme: 2,625 Mrd. Euro

Welcome Bank: 1992 als Wiesenthal Bank gegründet, 1999 umgetauft. In 100-prozentigem Besitz der Firma Wiesenthal. Bietet Kredit-, Versicherungs- und Leasingberatung für mittlerweile 20.000 Kunden, die etwas mit Mercedes zu tun haben. Bilanzsumme 44 Mio. Euro.