Kasachische Frauenministerin im Interview. | "Wiener Zeitung": Frau Abdykalikowa, im Westen herrscht die Meinung vor, Zentralasien wäre für Frauen nicht gerade der beste Platz zum Leben. | Gulschara Abdykalykowa: Es stimmt, die Meinung ist weit verbreitet, dass es in asiatischen Ländern die Tendenz gibt, Frauen vom öffentlichen Leben fern zu halten und aufs Kinderkriegen und das Führen des Haushalts zu reduzieren.
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Bei uns ist das aber nicht so, Männer und Frauen sind gleichgestellt. Wir wollen hier keinen Schritt zurück gehen, orientieren uns an den Werten einer demokratischen Gesellschaft.
Wo konkret zeigt sich das?
Im Bildungsbereich zum Beispiel. Es gibt in Kasachstan wesentlich mehr Frauen als Männer mit guter Ausbildung. An den Diplomen ist das messbar.
Warum ist das so?
Zum einen wurde diesbezüglich schon in der Sowjetunion viel getan. Nach der Unabhängigkeit 1991 ging man diesen Weg weiter: Die Gleichstellung ist in der Verfassung verankert, ich bin auch Mitglied einer Kommission für solche Fragen. Und es gibt mittlerweile zwei Ministerinnen in der Regierung: Mich und die Wirtschaftsministerin, der in der gegenwärtigen Lage der Weltwirtschaft natürlich eine Schlüsselposition zukommt. Im Parlament hatten wir früher acht, jetzt 21 Frauen - das sind immerhin 18 Prozent der Deputierten. Wir wollen bald auf 30 Prozent kommen.
Nun ist Kasachstan aber auch stark vom traditionellen Nomadentum und dem Islam geprägt - gibt es da nicht Konflikte?
Natürlich gibt es Bestrebungen seitens mancher Männer, zu den Traditionen zurückzukehren. Ein viel stärkeres Problem ist allerdings die häusliche Gewalt, die leider sehr oft vorkommt. Wir haben 22.000 Beschwerden pro Jahr, die in den 20 dafür geschaffenen Krisenzentren im Land eingehen. Es sind in großer Mehrzahl Frauen, die sich melden.
Gulschara Abdykalikowa ist Frauen- und Sozialministerin in Kasachstan.