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Gehen die Stresstests schief, zahlt wieder der Steuerzahler

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Stellen Sie sich eine Brandschutzübung vor: Eine tolle Sache, um zu testen, wie gut man auf Katastrophen vorbereitet ist. Allerdings sollte 100-prozentig sicher sein, dass das Übungsfeuer nicht die Stadt ansteckt und der Probealarm unfreiwillig zum Super-GAU wird.


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Genau dieses Szenario droht freilich bei den Stresstests für Europas Banken. Warum? Mit der Ankündigung der Staats- und Regierungschefs, die Belastungstests aller Institute offenzulegen, hat sich Europa massiv unter Druck gesetzt. Das Problem: Die Aufsichtsbehörden können nur die Auswahl der Testparameter bestimmen, sie haben aber nicht die Deutungshoheit über die Ergebnisse.

Mit anderen Worten: Ob die Banken den Test bestanden haben oder nicht, entscheiden nicht die Politiker, sondern Analysten, Investoren, Händler und sonstige Meinungsmacher - also jener Kreis, der oft pauschal als "Finanzmärkte" bezeichnet wird. Idealerweise sollten Stresstests somit nur dann im Detail öffentlich gemacht werden, wenn sicher ist, dass alle Probanden ohne Probleme bestehen. Das ist aber alles andere als sicher - und somit wird das Risiko, das von den Stresstests selbst ausgeht, unkalkulierbar: Sind die Kriterien weich, damit alle Banken bestehen, wird "der Markt" den Aufsehern das Ergebnis um die Ohren watschen. Werden nicht alle Details offengelegt oder verdächtige Banken erst gar nicht geprüft, detto.

Der Test wird Realität

Was also, wenn einzelne Banken die Tests nicht bestehen, wenn also ihre Eigenkapitaldecke zu dünn ist, um das Krisenszenario auszuhalten? Dann gäbe es wohl keine Alternative, als dass erneut die Steuerzahler einspringen und staatliches Kapital zugeschossen wird. Absurd: Die Banken müssten auf Druck des Marktes gegen ein Krisenszenario gewappnet werden, das nur auf dem Papier bestanden hatte.

Die Finanzbranche steht mit Recht am Pranger, weil sie die Krise mitverursacht hat und jetzt mit aller Kraft gegen Reformen lobbyiert. Wer sich gegen die Banken stellt, kann also mit Sympathie rechnen. Das darf aber kein Grund für Politiker sein, noch größeren Schaden in Kauf zu nehmen.

Siehe auch:Crashtests für die Banken werden selbst zum Risiko