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Gehrer legte Sozialmaßnahmen vor

Von Heike Hausensteiner

Wissen

Die Diskussion um die Einführung der Studiengebühren ist um eine neue Facette erweitert worden. FP-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte gemeint, Studenten, die in der kürzestmöglichen Zeit ihr Studium absolvieren, könnten die Beiträge zurückerstattet werden. Der Vorstoß war offenbar nicht mit VP-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer abgesprochen. Heftige Kritik übte die Opposition. Lediglich 5 Prozent der Studenten schließen ihr Studium in der Mindeststudienzeit ab.


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Grasser hatte angeregt, jenen Studenten, die ihre Ausbildung in Mindeststudienzeit abschließen, die Studiengebühren rückzuerstatten. Das sei mit Bildungsministerin Gehrer besprochen, sagte Grasser dem "Standard". Außerdem trat Grasser für die Einführung eines Bildungsschecks sowie die Abschaffung der Pragmatisierung an den Universitäten ein.

Grassers Vorschlag sei mit ihr nicht besprochen worden, konterte Gehrer im ORF. Selbstverständlich müsse es auch bei den Studiengebühren ein "Toleranzsemester" geben - wie beim Bezug von Studienbeihilfe (die Studienzeit darf um je ein Semester überschritten werden, ohne dass es finanzielle Sanktionen gibt, Anm.). Nach wie vor sei sie, so Gehrer, die für die Universitäten verantwortliche Ressortchefin.

Fünf Prozent der rund 230.000 gemeldeten Studenten schließen das Studium in der vorgesehenen Mindeststudienzeit ab. Rund 18 Prozent brauchen um zwei Semester länger, ein weiteres Viertel um vier Semester. 53 Prozent der Studenten brauchen noch länger, geht aus dem Hochschulbericht 1999 hervor (er bezieht sich auf Daten aus dem Studienjahr 1997/98). Die wenigsten Abschlüsse in der Mindeststudienzeit gibt es in den Studienrichtungen der Veterinärmedizin (1,1 Prozent), der Bodenkultur (1,8) und der Technik (3,4 Prozent).

Gehrer legte gestern die "sozialen Abfederungsmaßnahmen" vor, die gleichzeitig mit den Studiengebühren ab Oktober 2001 eingeführt werden sollen. Alle Stipendienbezieher erhalten um 10.000 Schilling mehr, der Bezieherkreis wird um 10.000 Personen erweitert, und Geschwister werden in der Berechnung berücksichtigt. Außerdem dürfen Studenten künftig jährlich 100.000 Schilling verdienen, ohne ihre Beihilfen zu verlieren. Die monatlichen Verdienstgrenzen fallen damit; bisher durften Studenten 3.980 Schilling monatlich und in den Ferien insgesamt 50.000 Schilling dazuverdienen. Weiters werden die Studienabschluss-Stipendien für erwerbstätige Studenten von zwölf auf 18 Monate verlängert und Leistungsstipendien nicht nur für jeden Studienabschnitt, sondern für jedes Jahr vergeben. Mit diesem Gesamtpaket und der Familienbeihilfe würden rund 40 Prozent der Studenten vom Staat unterstützt, so Gehrer. "Ein schwacher Trost", kommentierte die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH).

ÖH-Chef Martin Faißt war verärgert über den "kaum mehr zu überbietenden Zynismus" der Regierung. Über Grassers Vorschlag würden sich vor allem diejenigen freuen, die über keine finanziellen Mittel verfügen, neben dem Studium arbeiten müssen und deshalb nicht in der Mindeststudienzeit abschließen können. In das gleiche Horn stießen SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl und Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel. In manchen Studienrichtungen sei es schon aus organisatorischen und bürokratischen Gründen unmöglich, das Studium in der vorgesehenen Zeit zu absolvieren, meinte Faißt. Der Grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald ist gegen die Einführung eines "Genie- und Streberparagraphen". Bereits der "simple Hausverstand" mache klar, dass Studenten vor allem während ihres Studiums Geld benötigten, und nicht nachher.