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Weltbank-Studie: Privatkapital überholt offizielle Kredite. | Investment-Fonds | | Washington. Lange war die so genannte Dritte Welt abgeschnitten von den privaten Geldflüssen. Falls Investoren einem der Länder einen Besuch abstatteten, war zumeist einzig das dortige Rohstoff-Aufkommen der Grund. Das restliche Geld - so vorhanden - kam fast ausschließlich von internationalen Krediten, die der verarmte Staat im Ausland aufnahm, etwa um seine Infrastruktur ausbauen zu können.
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Die Zeiten haben sich nun geändert. Die Dritte Welt ist in mehrerer Hinsicht Ziel für private Geldflüsse geworden. Eine heute, Dienstag, veröffentlichten Studie der Weltbank lässt aufhorchen: Im Jahr 2006 zirkulierten rund 647 Mrd. Dollar in den Entwicklungsländern - so viel wie noch nie.
Der rekordverdächtige Geldfluss erklärt sich teilweise durch Direktinvestitionen - also ausländische Firmen die beispielsweise Fabrikswerke errichten. Insgesamt wurden rund ein Viertel (325.000 Millionen Dollar) der weltweiten Investitionen 2006 in der Dritten Welt getätigt. Allerdings kamen hier weniger die klassischen Regionen wie Afrika zum Zug sondern vor allem in das boomende Osteuropa oder Asien.
Doch auch die auf den ersten Blick wirtschaftlich nicht so attraktiven Länder wecken offenbar das Interesse der privaten Investoren. So wird die staatliche Verschuldung sukzessive umgeschichtet: Die Rückzahlung der Kredite von multinationalen Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds überstieg etwa in den Jahren 2005 und 2006 die aktuell vergebenen Kredite der Institutionen - die Differenz betrug 146 Millionen Dollar.
Die Gläubiger sind nun privaten Institutionen - in den vergangenen Jahren wurden den Ländern 432.000 Millionen Dollar an privaten Krediten gegeben.
Immer mehr Fonds sehen hier ein lukratives Geschäft: Die Investmentgesellschaften kaufen die Schulden von Ländern mit geringer Bonität zu einem Bruchteil des ursprünglichen Werts - und verklagen die Staaten später auf Rückzahlung mit Zins und Zinseszins.
Private Fonds: Geschäfte mit den Staatsschulden
Dabei fordern sie eine höhere Summe als der Ausgangsbetrag ausgemacht hat. Ihre Argumentation: Aufgrund des Schuldenerlasses durch die internationalen Finanzinstitutionen und einige Industrie- und Schwellenländer ist die Kreditwürdigkeit der betroffenen Staaten gestiegen. Der britische Finanzminister Gordon Brown hat derlei Geschäfte als "skandalös" bezeichnet. Trotzdem ist es nicht gesetzeswidrig: Ein britisches Gericht hat etwa im April entschieden, dass Sambia dem amerikanischen Fonds Donegal 17 Millionen Dollar zahlen muss - deutlich mehr zahlen muss, als jene knapp 4 Millionen Dollar, die dieser so genannte Geierfonds einst für die Schulden bezahlt hatte, als er sie Rumänien abgekauft hat. Die Ursache für die Schulden Sambias stammt übrigens aus dem Jahr 1979: Damals erhielt die sambische Regierung einen Kredit, um rumänische Traktoren zu kaufen. In den 90er Jahren konnten die Schulden von Sambia nicht getilgt werden - und der Fonds Donegal schlug zu. Er konnte nun eine Rendite von 700 Prozent einstreichen.
Die 17 Millionen Dollar, die Sambia dem Donegal-Fonds nun schuldet, entsprechen einem Viertel seines diesjährigen Gesundheits- und Sozialbudgets.
"Solche Aktionen machen sich den Schuldenerlass, den andere Kreditgeber gewährten, zunutze und lenken Ressourcen von der Armutsbekämpfung ab", kritisierten vergangene Woche die im Pariser Club zusammengeschlossenen Gläubigerstaaten. Die Organisation arbeite nun an "konkreten Maßnahmen, um das Problem in Griff zu bekommen."
Die Geierfonds haben auch die Finanzminister der Gruppe acht wichtiger Industrieländer (G8) bei ihrem Treffen in Werder bei Potsdam beschäftigt - ein weiteres Thema, bei man schließlich Resolution verabschieden will.