Zahllose Fernsehkameras waren auf einen strahlenden Hugo Chavez gerichtet. Der venezolanische Präsident posaunte seinen Triumph lautstark in die Welt hinaus: Nach einem fehlgeschlagenen Versuch zum Jahreswechsel ist es am Donnerstag endlich gelungen, zwei seit Jahren entführte Politikerinnen in die Freiheit zu geleiten. Die von den marxistisch-leninistischen Farc-Rebellen gekidnappte kolumbianische Wahlkampfmanagerin Clara Rojas und die ehemalige Parlamentsabgeordnete Consuelo Gonzalez wurden spektakulär per Hubschrauber aus den Tiefen des kolumbianischen Dschungels geholt. Die Landung erfolgte im Blitzlichtgewitter.
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Chavez hat den Erfolg groß inszeniert. Seinem rechtskonservativen kolumbianischen Amtskollegen Alvaro Uribe, der sich auch an der Aktion beteiligte, war nicht mehr als eine Statistenrolle vergönnt.
Übersehen wird dabei, dass Chavez den Erfolg derzeit nötig hat wie ein Stück Brot. Denn der ausgewiesene Freund Fidel Castros musste zuletzt innenpolitisch wie international peinliche Niederlagen einstecken.
Zunächst war da Anfang Dezember die Sache mit dem verpatzten Verfassungsreferendum. Chavez wollte sich die Option auf mehrere Amtszeiten eröffnen ("ich will bis 2050 an der Macht bleiben") und den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" in den Verfassungsrang erheben. Die Venezolaner jedoch mochten sich für diese Idee nicht recht erwärmen, stimmten gegen die Verfassungsänderungen und machten dem Präsidenten einen dicken Strich durch die Rechnung.
Auch auf dem internationalen Parkett lief es für Chavez zuletzt nicht so glatt wie gewohnt. Der Venezolaner hatte sich auf dem iberoamerikanischen Gipfel in Chile gerade auf bewährte Art und Weise in Rage geredet, als ihn der spanische König mit einem "Warum hältst du nicht den Mund?" zwar nicht unterbrach, aber doch dem Gespött aussetzte. Dass Chavez daraufhin schwer gekränkt Satisfaktion in Form einer Entschuldigung verlangte, brachte ihm weder in Europa noch in der Heimat Sympathien.
Immerhin besteht jetzt die Hoffnung, dass Chavez durch seine Aktion einen Stein ins Rollen gebracht hat und die übrigen mehr als 40 Farc-Geiseln, unter ihnen die kolumbianisch-französische Politikerin Ingrid Betancourt, freikommen. Die Forderungen der Farc-Guerilleros sind allerdings beträchtlich: Sie wollen die Freilassung von 500 Kampfgefährten. Seite 8