)
Mindestens 27 Todesopfer und 90 Verletzte. | Die Islamisten wollten die Regierung vorführen. | Neu Delhi. Die Attentäter kamen in Polizeiuniform: Montag morgen kurz nach acht Uhr stürmten rund zehn Männer mit Handgranaten und Maschinengewehren eine Polizeischule in Manawan außerhalb von Lahore und nahmen über 500 Insassen als Geiseln. Plötzlich glich der verschlafene Vorort kurz vor der indisch-pakistanischen Grenze einem Kriegsgebiet: Helikopter kreisten über dem Ausbildungszentrum, Armee und Paramilitärs gingen vor der Schule in Stellung. Erst nach acht Stunden gelang es den Sicherheitskräften, die eingeschlossenen Polizeischüler zu befreien. Doch das Land zahlte dafür einen hohen Preis: Mindestens 27 Menschen wurden nach offiziellen Angaben getötet, über 90 verletzt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es ist der zweite spektakuläre Anschlag auf Lahore, dem Kulturzentrum Pakistans, in einem Monat. Die Machart erinnert stark an die dreiste Terrorattacke auf die Kricket-Nationalmannschaft von Sri Lanka im Herzen der Stadt Anfang März. Damals griff ein gutes Dutzend guttrainierter und bewaffneter Terroristen den Bus der Sportler auf dem Weg zum Stadium an und tötete dabei acht Sicherheitskräfte. Offenbar hatten die Terroristen geplant, die Kricket-Spieler in ihre Gewalt zu bringen.
Mit der Geiselnahme der Polizeischule wollen die Attentäter die pakistanische Regierung nach Kräften demütigen. Aller Welt soll gezeigt werden, dass der Staat nicht mehr in der Lage ist, seine Bürger und die Polizei, die ja für Sicherheit sorgen soll, zu schützen. Ähnlich wie dem Terroranschlag in der indischen Finanzmetropole Mumbai (Bombay) spekulieren die Attentäter mit einem stundenlangen Geiseldrama auf große Medienaufmerksamkeit. "Die Terroristen greifen die Einheit des Landes an, sie tun alles, was sie können, um Pakistan zu destabilisieren", sagte Pakistans Innenminister Rehman Malik im pakistanischen TV-Sender "Dawn".
Längst schon beschränken sich die Terroranschläge in Pakistan nicht mehr auf die abgelegenen Grenzregionen zu Afghanistan. Die Terroristen greifen nach dem Muster einer Guerilla-Armee mitten in den Großstädten an, um das letzte Stück Normalität im Land zu zerstören.
Der Anschlag kommt nur drei Tage, nachdem US-Präsident Barak Obama seine neue Strategie für Pakistan und Afghanistan vorgestellt und dabei von Pakistan ein klares Engagement im Anti-Terror-Kampf verlangt. Pakistan soll die Terror-Nester von Taliban und Al-Kaida im eigenen Land ausräuchert, wenn es weiter in den Genuss von Unterstützung und Hilfsgeldern kommen will. Die Geiselnahme ist auch eine Warnung an Pakistans Regierung, Armee und Polizei, keine gemeinsame Sache mit den USA zu machen.