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Geiseln sind in der Hand von Rebellen

Von WZ-Korrespondent Philipp Hedemann und Klaus Huhold

Politik

Verschleppte sind angeblich wohlauf, über Freilassung soll verhandelt werden.


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Addis Abeba/Wien. Tagelang herrschte nach der Attacke auf Touristen in Äthiopiens Wüste Rätselraten über den Verbleib von vier Verschleppten. Nun hat sich die Vereinigte Revolutionär-Demokratische Front von Afar (Arduf), eine äthiopische Rebellengruppe, dazu bekannt, die zwei Deutschen und zwei Äthiopier in ihrer Hand zu haben. In einem im Internet veröffentlichten Schreiben verkündete die Arduf, dass die Geiseln wohlauf seien und nach Verhandlungen freigelassen werden sollen.

Die vier Verschleppten waren Mitglieder einer 27-köpfigen Reisegruppe, die in der vergangenen Woche im Nordosten des Landes in der Danakil-Wüste angegriffen worden war. Ein Oberösterreicher, zwei Deutsche und zwei Ungarn wurden dabei getötet. Die Arduf behauptete nun, dass die Touristen während eines Gefechts der Rebellen mit der äthiopischen Armee getötet wurden, bei dem auch mehrere äthiopische Soldaten umkamen. Dass die Ausländer tatsächlich durch Kugeln der äthiopischen Armee starben, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Nach bisherigen Informationen ist die Reisegruppe im Schlaf überfallen worden.

Man könne versichern, dass die Freilassung der Geiseln "durch friedliche Verhandlungen mit Afar-Ältesten sichergestellt werden wird", heißt es in dem Schreiben der Arduf. Die Afar sind Nomaden, die in Äthiopien. Eritrea und Dschibuti leben, die Arduf ist eine Rebellenorganisation der äthiopischen Afra. Vorerst blieb aber offen, welche Bedingungen die Gruppe für eine Freilassung der Geiseln erfüllt sehen will, ob sie Lösegeld verlangt, politische Forderungen stellt oder es auf eine Mischung aus beidem hinausläuft.

Deutsche Spezialeinheit ist offenbar in Äthiopien

Vollkommen unklar ist auch, wo sich die Geiseln aufhalten. Laut Informationen des "Spiegel" sind Mitglieder der deutschen Anti-Terror-Einheit GSG 9 nach Äthiopien gereist, um sich an der Suche nach den entführten Touristen zu beteiligen.

Äthiopien hatte sofort nach dem Überfall den Erzfeind Eritrea beschuldigt, hinter der Tat zu stecken. Die äthiopische Regierung erklärte zudem, dass die Verschleppten über die Grenze nach Eritrea gebracht wurden. Das Nachbarland wies die Vorwürfe entschieden zurück. Auch das militärische Kommandozentrum der Arduf bestreitet eine eritreische Beteiligung.

Die Rebellen behaupten, für die politische und soziale Teilhabe der Afar in Äthiopien zu kämpfen. Diese sind mit einem harschen Alltag konfrontiert. Das Leben des Hirtenvolkes ist ein täglicher Kampf um genügend Wasser und Nahrung, zudem grassieren Krankheiten wie Tuberkulose oder Cholera. Die größte politische Partei in der Region, die Nationale Demokratische Partei der Afar, arbeitet zwar mit Äthiopiens Regierung zusammen. Doch sehen sich viele Afar von den Herrschenden in Addis Abeba diskriminiert, was den Nährboden für Rebellionen bereitet. Die Arduf rühmt sich, bereits mehr als sieben Mal Ausländer entführt zu haben, sie jedoch stets unverletzt freigelassen zu haben. Die Rebellengruppe warnt Ausländer vor Reisen in die Afar-Region. Diese gilt schon lange als äußerst unsicher, wobei die Grenzen zwischen politischen Rebellen und Banditen in der Wüstengegend laut Beobachtern fließend sind.

Die österreichischen Behörden arbeiten unterdessen daran, dass die Leiche des Oberösterreichers noch diese Woche in die Heimat überführt werden kann. "Dazu ist aber die Freigabe durch die äthiopischen Stellen notwendig", betonte Peter Launsky-Tieffenthal vom Außenministerium.