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Etwas Schlimmeres hätte der Wissenschaft und vor allem dem sensiblen Forschungsgegenstand Gentechnik wohl kaum passieren können: Australische Wissenschaftler, die mit Hilfe gentechnischer Eingriffe ein Virus schaffen wollten, das die Vermehrungsrate von Mäusen reduziert, haben stattdessen aus Versehen ein für die Tiere absolut neues, tödliches geschaffen. Dies zeige, so das britische Fachmagazin "New Scientist", dass Biotechniken von skrupellosen Regierungen oder Terroristen zur Erzeugung gefährlicher Bio-Waffen eingesetzt werden könnten.
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Waren die Wissenschafter bisher davon ausgegangen, dass gentechnische Manipulationen Viren eher weniger gefährlich machen und dass es zumindest sehr schwierig sei, gefährliche Viren zu schaffen, so bewiesen Ron Jackson (Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation) und Ian Ramshaw (Universität in Canberra) nun das verstörende Gegenteil, das der "New Scientist" so kommentierte: "Der Geist ist aus der Flasche."
Die Forscher hatten dem Virenstamm für Mäusepocken das Gen zur Produktion des Proteins Interleukin-4 eingepflanzt. Die damit infizierten Tiere sollten Antikörper gegen die eigenen Eier bilden und somit unfruchtbar werden. Doch die Veränderung hatte die Immunantwort gegen Viren völlig abgeschaltet, so dass sämtliche Tiere, auch die gegen das Virus geimpften, innerhalb kurzer Zeit starben. Und die Bestürzung darüber ist nun umso größer, als das Mäusevirus eng verwandt mit dem menschlichen Pockenvirus ist - zeigt sich daraus doch, dass es leicht möglich sein könnte, auch Viren anderer Tiere oder des Menschen zu hoch gefährlichen Killern zu machen.
Tatsächlich warf der Fall auch die Frage auf, ob solche Ergebnisse überhaupt publiziert werden sollten. Auch Jackson und Ramshaw hatten dies mit Regierungsstellen beraten. Sie waren aber zu der Überzeugung gekommen, dass die verwendeten Methoden weitgehend bekannt seien und es wichtig sei, Kollegen und Öffentlichkeit über ihre möglichen Gefahren zu informieren. Daneben nehmen sich die in einer aktuellen Literatur-Studie des Österreichischen Umweltbundesamtes (UBA) aufgelisteten Nebeneffekte von Eingriffen in die Genetik von Organismen eher harmlos aus, zumal erschöpfende Untersuchungen dazu noch ausstehen.
Bei Pflanzen sind die beobachteten Auswirkungen gentechnischer Veränderungen je nach Art sehr unterschiedlich. Etwa für transgene Sojabohnen konnte nachgewiesen werden, dass diese neben den erwünschten auch ungeplante Effekte zeigten. So kann der Hormonhaushalt der Pflanzen verändert sein, die Stängel verholzen stärker, was zum Aufspleißen führen kann.
Transgene Baumwolle hat unter kommerziellen Anbaubedingungen teilweise ebenfalls unerwartete Probleme gebracht. So kam es in einigen Anbaugebieten zu einem frühzeitigen Abwurf der Samenkapseln. Eine künstlich gegen Insekten resistent gemachte Baumwoll-Sorte wurde nach Angaben des US- Landwirtschaftsministeriums von neuen, bisher kaum in Erscheinung getretenen Schädlingen heimgesucht -es musste viel Pestizid aufgewendet werden, um der Plage Herr zu werden.
Bei transgenen Pappeln sei etwa in Schleswig-Holstein nachgewiesen worden, dass sich durch einen gentechnischen Eingriff die Beziehung der Wurzeln zu ihren symbiontischen Pilzen (Mykorrhiza) signifikant veränderte. Bei insektenresistenten Pappeln in China wurden nach zwei Jahren Frassschäden von Insekten festgestellt, die bis dato keine Rolle gespielt hatten.
Auch bei Tieren weisen Studien unerwünschte Veränderungen von GVO nach. So könnten bei Fischen Tumoren vorkommen, Flossen, Wirbel oder Schädel sich verändern, Kiemen abnormal wachsen, Nacken- und Schwanzformen verkümmern oder ganze Körpersegmente fehlen. Man nennt dies "Pleiotropieeffekte", das heißt, dass das eingepflanzte Gen nicht nur die erwünschte Wirkung hat, sondern auch in andere Vorgänge innerhalb des Körpers eingreift.