Zwischen Enthusiasmus und Ernüchterung: Gedanken zum Synodalen Weg der Weltkirche.
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Es war ein Großaufgebot bei der jüngsten Pressekonferenz zum Synodalen Weg der Weltkirche: Kurienkardinal Mario Grech (Generalsekretär der Bischofssynode), Kardinal Jean-Claude Hollerich (Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft), Schwester Nathalie Becquart (als Weltsynoden-Untersekretärin eine der mächtigsten Frauen im Vatikan), Kurienbischof Luis Marin de San Martin (Untersekretär der Bischofssynode), Pater Giacomo Costa (einer der Organisatoren der Jugendsynode) und aus Australien zugeschaltet Susan Pascoe (Vorsitzende der Katholischen Nothilfe Australiens). Gesprochen wurde in vier Sprachen, Deutsch war nicht darunter, wie ein Fragesteller anmerkte. Dessen Fragen zum Deutschen Synodalen Weg "beantwortete" Kardinal Grech mit einem Zitat aus dem Papstschreiben an die Katholiken in Deutschland.
Es war vom Podium untertönig manche Kritik an Vorstellungen vom Synodalen Weg ganz allgemein geäußert worden. Der Heilige Geist müsse den Prozess "hijacken", so Kardinal Grech, er müsse das Sagen haben, es handle sich um einen spirituellen Vorgang, dessen Herz das Hören darauf sei, was Gott von seiner Kirche heute erwarte. Und weil der Geist allen gegeben sei, solle auch auf alle gehört werden. Die erste Etappe des Zuhörens sei nun abgeschlossen. Von den Bischofskonferenzen, aber auch von Orden, Fakultäten und anderen Organisationen seien unzählige Texte eingelangt. Die Beteiligung, so der Bericht von Kardinal Grech, sei beeindruckend gewesen.
Bloß kein demokratisches Gerangel
Die Betonung des Heiligen Geistes war gleichsam der Kontrapunkt zur bereits wiederholt aus Rom geäußerten Sorge, es könnte das Geist-Hören in ein demokratisches Gerangel verkommen. Wertschätzung für die weltweit bedrohte Demokratie schimmert nicht durch. Allerdings erinnert der Kardinal zugleich an den großen Schatz an Synodalität (und damit durchaus demokratischen Spielregeln), welche die Orden in sich tragen. Man weiß allerdings, dass die Demokratie diesen hochpartizipativen Strukturen in den Orden - etwa bei den Dominikanern - viel zu verdanken hat. Vielleicht könnte die klerikal-autoritär deformierte Kirche heute wieder einiges zurücklernen: Kein Geringerer als Hans Maier, lange Zeit Präsident des Zentralrats der deutschen Katholiken, hat seinen Beitrag im Buch über die Synodalisierung der Weltkirche so betitelt.
So oft wie das Hören - aufeinander, auf Gottes Geist - vorkam, wurde auch die Unterscheidung der Geister beschworen. Dabei verblieb hier eine gewisse Unschärfe im Raum: Haben diese Geistesgabe alle Getauften? Oder wird diese Geistgabe doch wieder "klerikalisiert", weil sie eben nur die Ordinierten haben? Aufschlussreich war der Begriff "circulatione": Das im Geistraum Gehörte wandert hin und her, zwar nicht mehr bis an die Basis, aber zwischen den Bischofskonferenzen, den Räten der kontinentalen Bischofskonferenzen und letztlich der Synode 2023. Das zeugt von einem gewissen Realismus, der angesichts der kraftvollen Rede von Geist und spirituellem Vorgang ein wenig überrascht.
Zeichnet sich eine Geschäftsordnung ab, ohne die Spiritualität am Ende doch ein Feigenblatt für einen munter fortlebenden Klerikalismus darstellt, der freilich einen anderen Namen hat, nämlich "Unterscheidung", und diese letztlich allein durch Bischöfe und Papst? Jedenfalls wurde auf der Pressekonferenz gute Stimmung erzeugt. Kurienbischof de San Martin verwendete mehrmals das Wort "Enthusiasmus". Von Inhalten war - erwartungsgemäß - noch keine Rede. War doch erst vor zwei Tagen Einsendeschluss. Ob die Pressekonferenz zum Synodalen Weg am 26. August deshalb so früh angesetzt wurde, um die Euphorie nicht durch inhaltliche Streitthemen zu trüben?