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Minister Karlheinz Töchterle gab Buch über neulateinische Literatur heraus.
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Wien. Der Sprachtod hat das Latein zwar schon vor Jahrhunderten ereilt, doch nicht so in der Literatur. Und die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit neulateinischer Literatur beschäftigt, ist sogar eine relativ junge. Wissenschaftsminister und Altphilologe Karlheinz Töchterle stellte Montagabend das von ihm mitherausgegebene Buch "Tyrolis Latina. Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol" vor. Es ist eine Sammlung von neulateinischen Texten, die im direkten Zusammenhang mit Tirol stehen.
2001 schloss sich ein Team unter der Leitung Töchterles zusammen, das neulateinische Tiroler Literatur untersuchen und zugänglich machen wollte. Damit stießen sie auf weitgehend unerforschtes Terrain. Aus Klöstern, Bibliotheken und Museen wurden großteils unübersetzte Texte gesammelt - mehr als 7000.
Für diese fühlten sich bisher weder Altphilologen noch Nationalphilologen zuständig, sodass die Sprache quasi zwischen allen wissenschaftlichen Stühlen landete, eine umfassende Untersuchung gibt es laut Töchterle bisher nicht: "Viele geistige Strömungen Europas sind kaum bekannt." Große Teile europäischer Literatur, vor allem aus der Zeit des Humanismus, seien in dieser Sprache verfasst, sie sei progressiv gewesen und hätte nicht nur "Altes aufgewärmt". Töchterle sieht hier ein wichtiges Fundament der europäischen Geschichte, das bisher kaum gewürdigt wurde, Europa jedoch entscheidend nach vorne bewegt hat.
Aus der großen Zahl der gefundenen Texte wurden besonders repräsentative für das Buch herausgesucht und etwa 800 genauer behandelt. Diese umfassen unterschiedliche Bereiche von der Theologie über die Geschichtsschreibung bis hin zu Recht und Naturwissenschaften. Laut Co-Herausgeber Martin Korenjak könnten Leser aus jenen Nachbardisziplinen nun Neues über die Geschichte ihres Faches erfahren.