US-Gerichte erklären sich oft zuständig. | Wichtig bei | Vertragabschluss: | Wessen Recht gilt? | Wien. Kaprun, Restitutionsfragen, Zwangsarbeiterentschädigung und zahlreiche andere US-Klagen gegen prominente europäische Unternehmen sorgen immer wieder für Aufregung in der heimischen Wirtschaft. Droht auch österreichischen Unternehmen die Gefahr, in den USA geklagt zu werden? In der Regel hängt dies davon ab, wie intensiv die Kontakte des Unternehmens zu den USA sind: Je intensiver diese Kontakte und je wirtschaftlich potenter das Unternehmen, desto größer das Risiko, ins Visier von US-Klägern zu geraten. Denn: Geklagt wird, wo es etwas zu holen gibt.
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Welche Kontakte können nun dazu führen, dass sich ein US-Gericht für eine Klage gegen ein österreichisches Unternehmen für zuständig erklärt, also seine "jurisdiction" bejaht? Dazu reicht es, wenn das Unternehmen eine Zweigniederlassung oder ein Büro in den USA hat, dort Geschäfte macht ("doing business") oder Vermögenswerte besitzt oder in die USA exportiert.
Aber auch bei weniger intensiven Beziehungen können US-Gerichte aktiv werden: So genügt bereits ein Konto in den USA oder der Umstand, dass dort Vertragsverhandlungen geführt wurden oder ein defektes Produkt des österreichischen Unternehmens in die USA gelangt ist.
Klagen werden in den USA mit dem Kauf einer "index number" (Geschäftszahl) begonnen. Die zu entrichtenden Gerichtskosten sind dafür immer gleich hoch, egal ob ein oder 100,000.000 US-Dollar eingeklagt werden. Nach Kauf der "index number" beauftragt der Klägeranwalt dann einen "process server", einen Zustelldienst, damit, dem Beklagten die Klage zu übermitteln. Wird einem österreichischen Unternehmen eine US-Klage nicht im Rechtshilfeweg über das zuständige österreichische Bezirksgericht zugestellt, sondern auf dem Postweg, so ist diese Zustellung nach österreichischem Recht nichtig.
Niemals auf die Einrede verzichten!
Dennoch sollte eine solche Klage keinesfalls ignoriert werden. Nach US-amerikanischem Recht muss nämlich die fehlerhafte Zustellung ("insufficiency of service of process") oder die fehlende Zuständigkeit des US-Gerichts rechtzeitig vom beklagten Unternehmen beim US-Gericht geltend gemacht werden. Eine verspätete Reaktion kann als Verzicht ("waiver") auf die Einrede angesehen werden und allenfalls ein Versäumnisurteil ("default judgement") ergehen.
Erst wenn der Beklagte eine Klagebeantwortung ("answer") oder einen Antrag auf Klagsabweisung ("motion to dismiss") einbringt, bekommt ein Richter den Akt zu sehen. Das hat zur Folge, dass viele US-Kläger einfach horrende Klagsforderungen stellen und dann auf einen raschen Vergleich drängen.
Denn Klägeranwälte arbeiten meist auf Erfolgshonorarbasis, sie bekommen also zwischen 30 und 60 Prozent des erstrittenen Betrages als Honorar. Beklagtenanwälte hingegen werden auf Stundenhonorarbasis (zwischen 300 und 900 US-Dollar) bezahlt. Dem Beklagten bleibt somit oft nichts anderes übrig, als auf einen Vergleich einzugehen, da dies wirtschaftlich günstiger als ein jahrelanger kostenintensiver Prozess sein kann.
Doch selbst wenn ein beklagtes Unternehmen den Prozess gewinnt, ist es meist der wirtschaftliche Verlierer, da es in den USA keinen Kostenersatz für die obsiegende Partei gibt. Jeder hat seine Rechtsanwalts- und Prozesskosten selbst zu tragen ("american rule").
Was müssen heimische Unternehmer beachten?
Sobald man von einer Klagsdrohung in den USA erfährt, ist sofortiges Handeln angesagt. Es muss geprüft werden, ob eine Streiteinlassung oder Vergleichsverhandlung günstiger ist.
Österreichische Unternehmen sollten zudem noch vor Aufnahme geschäftlicher Tätigkeiten oder vertraglicher Beziehungen in den USA rechtsanwaltliche Beratung in Anspruch nehmen, am besten durch einen - auch im US-Recht versierten - österreichischen Anwalt, der Beziehungen zu einem US-Anwalt unterhält. Anwaltskosten können dadurch gesenkt und in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen gehalten werden.
Bei einem Vertrag mit einem US-Unternehmen ist besonders wichtig, welches Recht gelten soll. Sofern der wirtschaftlich oft stärkere US-Partner mit der Anwendung von österreichischem Recht nicht einverstanden ist und auf die Anwendung von US-Recht besteht, sollte das Recht eines so genannten liberalen US-Bundesstaates wie New York vereinbart werden. Außerdem sollte eine Schiedsklausel aufgenommen werden, da Schiedsgerichte in den USA meist rascher und wirtschaftlicher zu einem Ergebnis kommen und die Vollstreckung von Schiedssprüchen aufgrund internationaler Vereinbarungen leichter zu erreichen ist als die Vollstreckung von Urteilen staatlicher Gerichte.
Bernhard Brehm ist Rechtsanwalt in Wien und New York (office@anwalt-brehm.at), Elisabeth M. Kovac Rechtsanwältin in New York (ekovac@rosebeck.com).