Gesetz: Nicht-Banken dürfen Zahlungsdienste anbieten. | Mindestkapital und Konzession sind erforderlich. | Wien. Das Auszahlen von Geld oder das Abbuchen der Stromrechnung war bisher in fester Hand der Banken. Ab November könnte der Bankensektor jedoch gehörig aufgewirbelt werden. Ausländische Handyanbieter oder heimische Supermarktketten könnten künftig Zahlungsdienste anbieten, befürchten Branchenvertreter. Und das alles unter dem Schutzmantel des Gesetzgebers.
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Als Basis dafür dient das neue Zahlungsdienstegesetz, das im Sommer im Parlament verabschiedet werden soll. Demnach dürfen auch bankenfremde Institute quasi als "Bank light" Zahlungsdienste anbieten - von der Eröffnung eines Girokontos über Überweisungen bis hin zur Gewährung von Krediten.
"Im Unterschied zu den Banken sind die Eintrittsvorgaben eines solchen Instituts organisatorisch wesentlich einfacher ausgestaltet", sagt Martin Zuffer, Partner bei CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte. Während ein herkömmliches Kreditinstitut ein Anfangskapital von mindestens fünf Millionen Euro aufweisen muss, benötigen die neuen Zahlungsdienste-Anbieter lediglich ein Anfangskapital von 20.000 Euro. Je nachdem, wie umfangreich das Leistungsangebot sein soll, steigt diese Mindestsumme auf 50.000 beziehungsweise 125.000 Euro an.
"Bank light" mitKonzessionspflicht
Wie etwa Bawag oder Raiffeisen benötigen aber auch neue Anbieter eine genehmigte Bankkonzession von der Finanzmarktaufsicht. "Im Konzessionsverfahren werden vor allem die Eigentümer und der vorgelegte Business Plan überprüft. Voraussetzung ist weiters, dass Geschäftsleiter und Mitarbeiter fachlich qualifiziert sind", so Zuffer.
Die Tatsache, dass Nichtbanken unter erleichterten Bedingungen in das Bankgeschäft einsteigen, erfreut die Bankenvertreter nicht. "Es widerspricht dem Gedanken des letzten Welt-Finanzgipfels, dass alle Anbieter von Finanzdienstleistungen gleich streng reguliert werden müssen", kritisiert Herbert Pichler von der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich. Im Zuge des Zahlungsdienstegesetzes kämen auf die Kreditwirtschaft nicht nur mehr Konkurrenz, sondern auch Kosten von rund 136 Mio. hinzu - speziell, weil Überweisungen künftig innerhalb eines Tages und zu billigeren Konditionen zu erfolgen haben.
Am Gesetzes-Grundstein können die Banken dennoch nicht mehr rütteln. Denn die Regelung basiert auf der Zahlungsdienste-Richtlinie aus dem Jahr 2007, die bis November EU-weit in nationales Recht umgesetzt sein muss. Das Ziel der Union: Die Zahlungsverkehrsmärkte sollen für neue Anbieter geöffnet werden, um den Wettbewerb zu beleben. Im Speziellen erwarten sich die Mitgliedstaaten dadurch mehr Effizienz und niedrigere Gebühren für Kunden.
Keine Zinsen undEinlagensicherung
In den USA, Großbritannien, den Niederlanden, in Dänemark oder Polen existieren schon seit längerem "Bank light"-Anbieter. Die Kunden können dort etwa ihre Geldtransaktionen via Mobiltelefon oder an der Supermarkt-Kassa tätigen.
Die Konditionen sind EU-weit jedoch nicht die selben wie in den Banken: Wer etwa Geld bei einem neuen Anbieter anlegt, erhält dafür keine Zinsen, das Guthaben unterliegt nicht der Einlagensicherung. Und ein Verbraucher bekommt nur über eine Kontoüberziehung einen Kredit. Die Laufzeit beträgt maximal 12 Monate. Umgekehrt dürfen die Nicht-Banken das einbezahlte Geld auch nicht für andere Kunden oder für Kredite verwenden.
Für mehr Kunden-Flexibilität im Zahlungsgeschäft dürfte das Gesetz dennoch sorgen. Erinnerungen an die 60er-Jahre werden wach, als die Banken zum Teil am Sonntag nach dem Gottesdienst geöffnet hatten und die Pensionszahlungen per Briefträger nach Hause kamen.