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Geld für Waffenhandel stinkt nicht

Von Clemens M. Hutter

Gastkommentare
Clemens M. Hutter war Ressortchef Ausland der "Salzburger Nachrichten".
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"Nationale Interessen" und "Sicherung von Arbeitsplätzen" dienen als fadenscheinige Argumente für den Verkauf von Kriegsgerät an Diktatoren.


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"Erst kommt das Fressen und dann die Moral", schrieb Bert Brecht. Er meinte damit nicht die internationale Politik, auf die dieses Zitat aber exemplarisch zutrifft. Der Umgang demokratischer Rechtsstaaten mit Tyrannen beweist es.

Libyens gestürzter Diktator Muammar Gaddafi kaufte mit seinen Petrodollars Waffen im Gesamtwert von rund 43 Milliarden Euro, und etliche Europäer lieferten bereitwillig alles von Kurzstreckenraketen bis Mirage-Kampfflugzeugen. Die Lieferanten brauchen eben Erdöl, und Waffenexporte sichern doch Arbeitsplätze.

Der römische Stratege Vegetius prägte um 390 einen klassischen Satz: "Willst du Frieden, so rüste für den Krieg." Waffen für Libyen, Syrien oder Saudi-Arabien rüsten offenkundig für den Krieg gegen das eigene Volk. Von hunderttausenden Syrern, die unablässig gegen die Tyrannei des Assad-Clans demonstrieren, haben bisher an die 3000 ihren Kampf für Freiheit mit dem Leben bezahlt. Trotzdem bekommt Syrien das Beste an Abhörelektronik auf dem Weltmarkt - von Deutschland. Deshalb kann sich der syrische Widerstand nicht wie in Tunesien oder Ägypten elektronisch organisieren. Aber das offizielle Deutschland bekundet seine Sympathie für den Freiheitskampf der Syrer. Elektronik hat eben auch mit Sicherung von Arbeitsplätzen zu tun.

Wäre es nicht so beschämend traurig, dann fiele die Syrien-Resolution des UNO-Sicherheitsrats in die Rubrik "Kaspertheater". Syrien sollte massive Sanktionen gewärtigen, wenn es das Massaker nicht einstellt. Russland blockierte mit seinem Veto. Verständlich, es unterhält in Syrien eine wichtige Militärbasis und liefert Waffen en gros. Einfluss und Absatzmarkt riskiert man eben aus "nationalem Interesse" nicht. Um nichts besser ist China, das Russlands Veto im Sicherheitsrat beitrat. Verständlich, denn es bezieht von Syrien dringend benötigtes Erdöl. Von rührender Einfalt war allerdings die Begründung: China mische sich nicht in Syriens innere Angelegenheiten ein. Immerhin verbietet das Artikel 2 der UNO-Charta. Im Umkehrschluss gibt das China Rückendeckung bei der Unterdrückung auch des leisesten Widerstands.

Ein Kabinettstück an Arbeitsplatzsicherung lieferte jüngst Deutschland. Der Bundestag billigte den Export von 200 hochmodernen "Leopard"-Panzern an Saudi-Arabien, ohne die Details dieses Geschäfts zu kennen. Die bleiben nämlich rechtskonform bis 2012 Geheimsache des deutschen Sicherheitsrats und der Kanzlerin Angela Merkel. Folgerichtig verweigerte Merkel dem Bundestag auch jede Auskunft. Dafür sprang Verteidigungsminister Thomas de Maiziere mit der Erklärung ein, Saudi-Arabien sei im aufgewühlten Orient ein "Stabilitätsanker". Das haben die saudischen Ölscheichs auch bewiesen: Sie rasselten mit ihren Panzern nach Bahrain, um den König gegen die gewaltlosen Massendemonstrationen seiner Untertanen zu schützen. In Bahrain ankert die Fünfte US-Flotte. Kein Wunder, dass Saudi-Arabien Panzer schickte, um diesen "Stabilitätsanker" abzusichern. Erdöl schmiert eben auch die Achse Riad-Washington.