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Geld fürs Bravsein?

Von Martyna Czarnowska

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Mit der Kürzung von EU-Förderungen für osteuropäische Staaten würden sich die Westeuropäer selbst schaden.


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Wenn ihr uns nicht folgt, dann gibt es kein Geld. Auf dieses Motto lässt sich die Debatte um EU-Förderungen für manche osteuropäische Länder zuspitzen. Sie wird sich in den kommenden Monaten verschärfen, da langsam die Arbeiten für die Erstellung des nächsten langjährigen EU-Haushalts anlaufen. Und es zeichnet sich nicht ab, dass bis dahin Länder wie Polen und Ungarn ihre Weigerung aufgeben, Flüchtlinge von Griechenland und Italien zu übernehmen und damit einem Beschluss folgen, den eine Mehrheit der Mitglieder gefällt hatte. Ebenso wenig absehbar ist Bewegung im Streit zwischen Polen und der EU-Kommission um die Bewertung der Rechtsstaatlichkeit im Land.

Daher mehren sich mittlerweile die Anregungen aus Westeuropa, den Osteuropäern die Finanzhilfen zu kürzen, die etwa für den Ausbau von Infrastruktur zur Verfügung stehen. Solidarität dürfe nämlich keine einseitige Sache sein, lautet da das Argument. Wenn Warschau und Budapest von der Flüchtlingskrise besonders stark betroffene Staaten nicht entlasten wollen, dann dürfen sie nicht so viel Unterstützung für ihre eigenen Anliegen erwarten. Die EU sei ja kein Supermarkt, befand der französische Staatspräsident Emmanuel Macron erst in der Vorwoche. Manch anderer Spitzenpolitiker, unter anderem der österreichische Bundeskanzler Christian Kern, pflichtete ihm gern bei.

Tatsächlich profitieren die jüngeren EU-Mitglieder von den Fördermitteln, die aus dem gemeinsamen Budget ausgezahlt werden. Das meiste Geld fließt absolut gesehen dabei nach Polen. In Relation zur Wirtschaftsleistung bekommen aber die Ungarn die größte Zuwendung.

Dort entsprachen die Investitionen, die von der EU kofinanziert werden, in den vergangenen Jahren gleich 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Durchschnitt waren es in den mittel- und osteuropäischen Ländern 2,8 Prozent, wie das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) angibt.

Was aber würde es bringen, diese Förderungen zu kürzen? Wohl nichts - und das gilt für alle Seiten. Die Mittel sind keine milde Gabe von den reicheren an die ärmeren Verwandten. Sie tragen nicht nur zu einer ökonomischen Verbesserung in der Region bei, sondern auch zum Abbau von Ungleichgewichten innerhalb der EU, was für diese in ihrer Gesamtheit von Interesse ist. Wenn die Lohnentwicklung positiv ist - wie etwa in Polen, Rumänien und der Slowakei -, ist der Druck, Arbeit im EU-Ausland zu suchen, geringer. Die Diskussion um Lohndumping würde sich im Idealfall erübrigen. Und wenn die Infrastruktur in den Ländern mit EU-Hilfe verbessert wird, wenn Straßen und Bahnverbindungen gebaut werden, ist das für ausländische Investoren ebenfalls von Nutzen. Österreichischen Firmen müsste das bewusst sein: Das Land war im Vorjahr der größte Investor in Slowenien, und auch die vier Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei stehen laut den WIIW-Experten im Zentrum der Investitionstätigkeit. Ihre Entwicklung durch finanzielle Bestrafung zu behindern, wäre ein Schuss ins eigene Knie.