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Still steht er da. Er bewegt sich nur, wenn er hilfsbereit sein kann. Einer älteren Dame mit schwerem Einkaufssackerl hilft er über die Treppe, einem Kleinkind, das Richtung Straße läuft, stellt er sich in den Weg. Ein freundliches Lächeln, einen netten Gruß hält er bereit, auch wenn ihm keine Straßenzeitung abgekauft wird. Er gehört dazu.
Die Freundlichkeit, die er anderen Menschen entgegenbringt, wird ihm selbst sicher nicht oft begegnen. Er ist ein "Augustin"-Verkäufer aus Osteuropa. Jene Migrantengruppe, der in den Städten Europas derzeit mit Bettelverboten begegnet wird.
Die Straßenzeitungen bekommen die Auswirkungen zu spüren. Der Zulauf an Hilfsbedürftigen ist enorm. Die Wartelisten sind lang. Noch dazu leidet das Image, wenn die Straßenzeitung als Deckmantel für Bettelei verwendet wird, wenn die Spielregeln missachtet werden und kein "Nein, danke" akzeptiert wird.
Die Käufer sind verunsichert. Der Verkauf des "Augustin" ist zurückgegangen. Das Geld reicht nicht mehr. Und ein langjähriger und beliebter "Augustin"-Verkäufer in einem Supermarkt in der Josefstadt erhielt kürzlich eine Strafanzeige. Der Grund: "Aggressives Betteln".
Die Stammkunden sammelten Unterschriften und wehren sich nun gegen diese Art der Ausgrenzung. Denn der Straßenzeitungsverkäufer ist kein Bettler. Er verkauft eine Zeitung mit Berichten von und über Menschen, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Für seine Arbeit erhält er die Hälfte des Verkaufserlöses als Lohn. Der "Augustin" braucht Hilfe. Und er würde fehlen, der Mensch.
Siehe auch:Artikel "O du liebe Straßenzeitung"