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Geld sammeln für Kobane

Von WZ-Korrespondentin Saskia Hödl

Politik

Kurden und linke Organisationen rufen in Berlin zu Solidarität mit Kobane auf - man erhofft sich auch monetäre Unterstützung.


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Berlin. "Heute wir, morgen ihr", steht auf einem Plakat, das ein junges Mädchen vor sich her trägt. Sie nimmt einen Platz in der erste Reihe ein, neben ihr tragen einige Männer ein rotes Banner auf dem in großen Lettern "Berlin ist Kobane" steht. Tausende Berliner KurdInnen haben sich am Sonntag zu einer Demonstration für die Unterstützung von Kobane getroffen. Es ist kurz nach 16 Uhr am belebten Hermannplatz in Berlin-Neukölln. Nicht nur Kurden halten Plakate hoch, schwenken Fahnen und fordern ein Ende des IS-Terrors. Es nehmen auch viele deutsche Unterstützer an dem Protest teil, zu einem guten Teil sind es Anhänger linker Gruppierungen. Als die ersten Parolen gerufen werden, sind die tiefen Emotionen deutlich zu spüren. "Raus aus Kurdistan - Isis raus!", rufen die Demonstranten und klatschen dazu in die Hände. Schilder mit der Aufschrift "Wanted Terrorist" zeigen das Antlitz des türkischen Staatspräsidenten Tayyip Erdogan. Die Demonstranten werfen ihm die Unterstützung des IS-Terrors vor.

Die Beziehung zwischen Deutschland und Türkei ist im Moment ohnehin angespannt. Erst am Samstag wurden drei deutsche Journalisten in der türkischen Stadt Diyarbakir, einem der Zentren der kurdischen Proteste, festgenommen. Zwar sind sie inzwischen wieder auf freiem Fuß, Reporter ohne Grenzen kritisiert die türkische Justiz dafür aber scharf und fordert, dass die Vorwürfe umgehend fallen gelassen werden.

Die Polizisten geben sich während der Demo zurückhaltend, aber aufmerksam. In Hamburg hatte vergangene Woche eine Kobane-Demonstration gewalttätig geendet, es gab mehrere Verletzte. Auch in Celle, nahe Hannover, endete eine Begegnung IS-Anhängern und IS-Gegnern in einer Massenschlägerei. Das Bundeskriminalamt befürchtet laut einem Bericht des "Spiegels", dass sich die Sicherheitssituation weiter zuspitzen könnte. In der Hauptstadt wurde aber bisher nur friedlich demonstriert. In der Adalbertstraße etwa wird seit einigen Tagen abends der Schriftzug "Helft Kobane" auf das Haus, in dem sich das stadtbekannte türkische Restaurant "Hasir" befindet, projiziert.

Eine Verhinderung des Massakers durch den IS und eine sofortige Aufhebung des Verbots der kurdischen Arbeiterpartei PKK fordern die Demonstranten, sie zeigen das Victory-Zeichen, das in der Türkei eine andere Bedeutung hat - es gilt als Bekenntnis zur PKK. In Deutschland wurde die Partei bereits 1993 verboten. Die Zahl der Anhänger hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren trotzdem fast verdoppelt. Im Jahr 2012 ging die Bundesregierung von 13.000 Mitgliedern aus. Schätzungen zufolge leben über eine Million Kurden in Deutschland. Eine genaue Zahl gibt es allerdings nicht, weil in Statistiken nur die Staatsangehörigkeit erfasst wird.

Die Organisationen der Demo - neben mehreren antifaschistischen Gruppierungen die Initiative Perspektive Kurdistan - geben sich nicht mit verbalen Forderungen an die Bundesregierung zufrieden, sie rufen zu direkter Unterstützung auf. Sie wollen nicht nur Kobane, sondern die ganze kurdische Region im Norden Syriens mit Waffen versorgen. Seit etwa einer Woche bewerben sie über soziale Netzwerke und Mailinglisten ihre Kampagne "Waffen für Rojava" (so werden die kurdischen Regionen im Norden Syriens genannt). Auf der Demo verkündete ein Vertreter, dass in der kurzen Zeit bereits 30.000 Euro zusammengekommen seien, obwohl die Kampagne offiziell erst am Montag startete. "Das Geld ist für die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) bestimmt und für den Waffenkauf gedacht", sagt Michael Prütz, einer der Initiatoren. "Es fehlt in Rojava nicht an der Moral - das ist auch der Grund, warum die KurdInnen sich so alleine gelassen fühlen. Es fehlt an schwerem Gerät, die Kampfmoral ist schon da."