Die besten Geschichten schreibt das Leben. Und sie dienen Kunstschaffenden oft dazu, sich für ihre Werke davon inspirieren zu lassen. Theater etwa will sich ja nur selten den Vorwurf gefallen lassen, an der Realität vorbeizugehen und sich in ein hübsches Paralleluniversum zurückzuziehen. Mehr als nur Inspiration, nämlich konkrete Inhalte und Darsteller, wollte sich ein deutscher Theatermacher nun von der Realität holen. Und ist damit abgeblitzt.
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Für die Berliner Schaubühne hatte Volker Lösch versucht, Banker dazu zu gewinnen, an einem Projekt mitzuarbeiten und als Laiendarsteller dann auch auf der Bühne zu stehen. Doch bei den Männern und Frauen des Finanz-Sektors standen offenbar andere Überlegungen als Rampensehnsucht und die Gier nach Aufmerksamkeit im Vordergrund. Die Banker erwiesen sich als zu schweigsam. Es haben sich, so der Regisseur, nicht genügend Leute gefunden, die über das Leben im Bankgeschäft berichten können, dürfen oder wollen. Das Projekt wurde verschoben.
Der Regisseur zieht nun das eigentlich für die kommende Spielzeit geplante Stück "Lulu - Die Nuttenrepublik" mit Berliner Sexarbeiterinnen vor. Die Frauen, frühere und aktive Prostituierte, sind bereits gecastet. Ähnliche Schwierigkeiten wie bei den Bankern seien deshalb nicht zu erwarten. Das oft verpönte horizontale Gewerbe scheint also letztlich der wesentlich weniger anrüchige Beruf zu sein.