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Lange schien es, als ob die Debatte um die sogenannte Netzneutralität still und leise versanden würde. Das müde Geplänkel zwischen staatlichen Regulatoren und Interessenverbänden hatte zwar in Fachmedien für Aufregung gesorgt, ging aber an der Öffentlichkeit spurlos vorüber. Doch seit Google und Verizon sich zusammengetan haben, um ihren Standpunkt öffentlich darzulegen, ist alles anders. Plötzlich wird mit einer Vehemenz gekämpft, die Ihresgleichen sucht.
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Dabei geht es um mehr, als das trockene Wort Netzneutralität zu vermitteln imstande ist. In erster Linie ist es eine Auseinandersetzung zwischen den ein wenig in Bedrängnis geratenen Platzhirschen, die ihr Revier verteidigen und möglichst abschotten wollen, Provider und Telekommunikationsunternehmen, die sich weitere Verdienstmöglichkeiten erhoffen, und ziemlich bunt durchmischten Gruppierungen, die aus verschiedensten, nicht immer nur edlen Motiven den Ist-Zustand erhalten wollen.
Die Frage, ob man ein bevorzugtes Internet schafft, hat aber weitreichende Konsequenzen. Denn wer würde sich etwa einen Song oder ein Video von einem neuen Unternehmen im Internet herunterladen, wenn er statt der wenigen Sekunden, die es bei privilegierten Diensten dauert, mehrere Minuten warten müsste? Und wer würde seine E-Mails über Anbieter verschicken, die eine sofortige Zustellung nicht garantieren können?
Dies bedeutet, dass die Erfolgsgeschichte des Internet, die maßgeblich von kleinen Start-Up-Unternehmen geschrieben wurde, ein unrühmliches Ende finden würde. Denn es würde im Internet nicht mehr um die Konkurrenz der besseren Ideen gehen, sondern um das möglichst erfolgreiche Vermarkten des Bestehenden.
Wenig erstaunlich ist es folglich, dass mit Schlagwörtern wie "Zwei-Klassen-Netz" argumentiert wird oder eine "schöne neue Welt" heraufbeschworen wird. Die Angst vor der Allmacht der Branchen-Riesen ist nachzuvollziehen.
Es gibt natürlich auch gute Argumente, die für den Plan der Veränderungswilligen sprechen. Die Weiterentwicklung des Internet kann nur durch große Investitionen erfolgen. Jegliche Behinderung und Festschreibung von Regelungen, die den Wettbewerb behindern, würden eher früher als später den Entwicklungsprozess zum Erliegen bringen.
Doch in den letzten Jahren hat sich den Unkenrufen zum Trotz das Internet weiterentwickelt. Die Netzneutralität, das Prinzip, dass jedes Datenpaket gleich behandelt wird, hat sich bewährt. Massive Datenpakete wurden in den letzten Jahren über das Internet weltweit verteilt, ohne dass es Probleme gegeben hätte.
Ausgerechnet Google hat die Debatte frisch entfacht - ohne die Netzneutralität gäbe es den Konzern wohl gar nicht.
Siehe auch:Überholspur im Internet?