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Geldbußen bei Wettbewerbsverstößen

Von Waldemar Hummer

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Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Innsbruck. Foto: privat

Die Kommission der EU justiert nach acht Jahren Anwendungspraxis ihr Regime zur Festsetzung von Geldbußen bei Wettbewerbsverstößen neu. | Die Kommission will ihre bisherige Anwendungspraxis von Geldbußen im Falle von Kartellverstößen und der missbräuchlichen Ausnützung einer marktbeherrschenden Stellung weiterentwickeln und verfeinern. Dies geschieht im Zuge der Umstellung des bisherigen Wettbewerbsrechts auf das neue Regime der Verordnung 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Art 81 und 82 EG-Vertrag niedergelegten Wettbewerbsregeln.


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Gemäß dieser Verordnung kann die Kommission gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Geldbußen verhängen, wenn diese vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Art 81 oder 82 verstoßen. Dabei verfügt die Kommission über ein weites Ermessen: Sie hat zunächst die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen, darf aber dabei gewisse Obergrenzen nicht überschreiten.

Abschreckungswirkung

Um die Vorhersehbarkeit, Transparenz und Objektivität ihrer Entscheidungen zu erhöhen, hatte die Kommission bereits am 14. Jänner 1998 erste Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen im Falle von Wettbewerbsverstößen veröffentlicht. Nach acht Jahren Anwendungspraxis geht sie nun daran, ihre Geldbußenpolitik neu zu formulieren.

Als Organ der Wettbewerbsaufsicht muss die Kommission sicherstellen, dass ihre Maßnahmen die notwendige Abschreckungswirkung entfalten. Eine Geldbuße sollte daher so hoch festgesetzt werden, dass nicht nur die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen sanktioniert werden (Spezialprävention), sondern auch andere Unternehmen von einer Zuwiderhandlung abgehalten werden (Generalprävention).

Die Geldbußen sollten auf der Grundlage des Wertes der verkauften Waren oder Dienstleistungen berechnet werden, mit denen der Verstoß in Zusammenhang steht. Auch die Dauer des Verstoßes sollte bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße eine wichtige Rolle spielen, da er zwangsläufig die potenziellen Auswirkungen dieser Zuwiderhandlung auf dem Markt beeinflusst.

Berechnungsmethode

Die Kommission wird in Zukunft eine Geldbuße gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen nach einer zweistufigen Methode berechnen. Zunächst wird (a) für jedes Unternehmen ein Grundbetrag festgesetzt und anschließend wird (b) dieser Betrag nach oben oder unten angepasst.

Ad (a): Der Grundbetrag richtet sich nach dem Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Dabei kann die Kommission den Gesamtwert des Umsatzes im gesamten - auch über den EWR hinausgehenden - relevanten Markt schätzen. Zur Bestimmung des Grundbetrages wird dann ein Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert, wobei grundsätzlich ein Betrag von bis zu 30 Prozent des Umsatzes auf diesem Markt festgesetzt werden kann. Die Geldbuße darf in Summe aber nicht mehr als 10 Prozent des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes betragen.

Ad (b): Die Anpassung des Grundbetrages erfolgt in einem zweiten Schritt unter Würdigung sowohl erschwerender (wie Anstiftung des Verstoßes, wiederholte Zuwiderhandlungen, Verweigerung der Zusammenarbeit mit der Kommission) als auch mildernder Umstände (Zuwiderhandlung aus Fahrlässigkeit, bloß geringfügige Beteiligung, aktive Zusammenarbeit mit der Kommission). Daneben kann die Kommission noch Aufschläge zwischen 15 und 25 Prozent des Umsatzes zur Gewährleistung einer abschreckenden Wirkung erheben.