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Geldwäscheverdacht im Vatikan

Von WZ-Korrespondent Julius Müller-Meiningen

Politik

Geheimagent flog 20 Millionen Euro aus der Schweiz nach Italien ein.


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Vatikanstadt/Rom. Es ist eine dieser Geschichten, die man aus Spionagefilmen kennt: Ein Agent fliegt in geheimer Mission Millionen-Summen in einem Privatflugzeug um die Welt. Dass der Urheber einer solchen Affäre ein Priester und wichtiger Mitarbeiter des Vatikans sein könnte, überstieg bislang die Fantasien. Im katholischen Rom hingegen scheint nichts mehr unmöglich. Nach dem "Vatileaks"-Skandal um gestohlene Geheimdokumente des Papstes und der von Papst Franziskus erwähnten "Homosexuellen-Lobby" sorgt nun der nächste Skandal für Wirbel. Wieder einmal ist das Institut für die religiösen Werke (IOR), die Vatikanbank, mit im Spiel.

Die italienische Polizei hat drei Männer festgenommen, darunter einen Monsignore, der als Rechnungsprüfer einen wichtigen Posten in der Güterverwaltung des Vatikans (Apsa) innehatte. Die Zeitung "Il fatto quotidiano" berichtet, der 61 Jahre alte Priester hätte als "Monsignore 500" bereits früher von sich reden gemacht, da er stets gut mit 500-Euro-Scheinen eingedeckt gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft Rom wirft dem Monsignore nun vor, er habe einen Geheimdienstoffizier dafür bezahlt, 20 Millionen Euro Bargeld aus der Schweiz mit einem Privatjet nach Italien auszufliegen.

Ausgangspunkt ist Fall

aus dem Jahr 2010

Dieses Geld soll einer mit dem Geistlichen befreundeten Reederei-Familie aus Salerno, der Heimatstadt des Priesters, gehören und sollte am Fiskus vorbeigeschleust werden. Der Vatikanmitarbeiter habe zusammen mit seinem Gehilfen, einem Börsenmakler, dem Agenten 400.000 Euro für diesen Dienst bezahlt. Eine wichtige Rolle bei den illegalen Geldtransfers soll das Konto des Monsignore bei der Vatikanbank gespielt haben. Dem Trio wird Korruption, Betrug und Verleumdung vorgeworfen.

Die jüngsten Ermittlungen nahmen ihren Ausgang in einem anderen Fall von Finanzbetrug rund um den Vatikan. Im Jahr 2010 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Rom mehr als 23 Millionen Euro wegen des Verdachts auf Geldwäsche und ermittelte gegen die damalige Führung der Vatikanbank.

Das Eingreifen italienischer Staatsanwälte in die Finanzen des Vatikans ist problematisch, weil der Vatikan als unabhängiger Staat Souveränität genießt und nicht der italienischen Rechtsprechung unterliegt. Vatikansprecher Federico Lombardi sagte am Freitag aber, der Vatikan sei zu einer "umfassenden Zusammenarbeit" mit der italienischen Justiz bereit.

Der festgenommene Vatikanmitarbeiter war bereits vor Tagen von seinem Amt in der päpstlichen Immobilienverwaltung suspendiert worden, da auch die Staatsanwaltschaft Salerno gegen ihn wegen Geldwäsche ermittelt. Laut Berichten italienischer Zeitungen geht es dabei um 560.000 Euro auf einem Konto des Geistlichen in der Vatikanbank. Erst am Montag hatte Papst Franziskus eine fünfköpfige Untersuchungskommission eingesetzt, die die Geschäfte des IOR durchleuchten soll und dabei beinahe staatsanwaltschaftliche Befugnisse hat. Die fünf Kommissionsmitglieder unter Leitung von Kardinal Raffaele Farina können jede Art von Dokumenten und Informationen sammeln, die Mitarbeiter der Vatikanbank dürfen die Auskunft laut Papst nicht verweigern. Franziskus selbst soll schließlich ein Bericht vorgelegt werden.

Papst: Vatikanbank nur begrenzt notwendig

In Rom wird schon länger über die Zukunft des IOR spekuliert. Im April sagte Franziskus, das Institut, in dem etwa 5000 religiöse Einrichtungen und mehr als 30.000 Kontoinhaber ihr Vermögen lagern, sei "nur bis zu einem gewissen Grad notwendig". Die Mafia soll hier ihr Geld gewaschen haben; bis heute wird immer wieder wegen Geldwäsche ermittelt. Der Vatikan ist seit einigen Jahren um Transparenz bemüht, der Europarat kritisiert aber weiterhin einige Schwachpunkte wie etwa mangelnde Kontrolle durch die vatikanische Finanzaufsicht oder Probleme im Hinblick auf die Identität der Kontoinhaber.

Verurteilter Priester

zeigt Kollegen an

Gleichzeitig zieht auch der Skandal um einen Prostitutionsring im römischen Klerus immer weitere Kreise. Ein früher wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilter Priester hatte mehrere Kollegen angezeigt, die sich in Rom regelmäßig mit minderjährigen männlichen Prostituierten getroffen hätten. Die Rede ist von neun Priestern; ein ehemaliger Carabiniere soll die Treffen organisiert haben. Italienische Medien kolportieren nun, bei einem der Beschuldigten handelte es sich um einen ranghohen und im Vatikan bekannten Geistlichen aus dem Stab des päpstlichen Zeremonienmeisters, der alle liturgischen Feiern mit dem Papst begeht.

Gegen drei Personen wird ermittelt, angeblich ist darunter aber kein Priester. Die Diözese Rom wies die Vorwürfe als haltlos zurück.