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Gelebter Machterhalt trotz Niederlage Die Wiener SPÖ hat weiter das Sagen

Von Christian Rösner

Analysen

Eigentlich geht es der Wiener SPÖ gar nicht so schlecht. Denn sie hat weiter alle Trümpfe in der Hand: Alles wartet auf die Entscheidung von Bürgermeister Michael Häupl.


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Die Ansprüche der (von Häupl auserkorenen) Koalitionswerber sind so groß wie ihre überschaubaren Mandate. Diese ermöglichen ÖVP und Grünen rein rechnerisch jeweils nur einen amtsführenden Stadtratsposten, der gleichzeitig auch Vizebürgermeister sein könnte - aber auch das ist Verhandlungssache.

Selbst wenn sich die SPÖ aus optischen Gründen einer von Medien getragenen Großzügigkeit hingeben und dem künftigen Koalitionspartner zwei Stadtratsposten anbieten würde - große Machtpositionen wird sie nicht aufgeben müssen.

So billig würde sie bei einer Regierungsbeteiligung der FPÖ nicht davonkommen - abgesehen davon, "dass es gar keine Übereinstimmungen mit der FPÖ gibt", wie es Häupl dieser Tage immer wieder betont.

Doch auch diese Medaille hat zwei Seiten: Egal, für welche Partei sich die SPÖ entscheidet, es handelt sich bei beiden um Wahlverlierer. Ein Umstand, den FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache für sich zu nutzen weiß, indem er den öffentlichen Fokus auf seine Rolle als armer Ausgegrenzter richtet. Dass er gar nicht die Kapazitäten hätte, um die Wiener Landesregierung mit seriösem Personal auszustatten, tritt dabei völlig in den Hintergrund. So zieht sich Strache wieder in die Bundespolitik zurück und weiß die Protestwähler weiter auf seiner Seite. Und wenn die künftige Stadtregierung das Rad nicht neu erfindet und keine zugkräftige Gegenstrategie entwickelt, wird die FPÖ 2015 nicht mehr zu ignorieren sein.

Für die SPÖ stellt sich aber vorrangig die Frage, mit welchem Partner eine solche Gegenstrategie den meisten Erfolg bringen könnte. Eine Mitte-links-Regierung mit Rot-Grün würde einen starken Gegenpol zur FPÖ entstehen lassen, gleichzeitig aber wohl auch den Mitte-rechts-Block und damit die Polarisierung stärken. Allerdings geben Jungwähler und Intellektuelle der rot-grünen Idee enormen Rückenwind.

Rot-Schwarz hätte für die SPÖ den Vorteil, dass die Opposition in links und rechts gespalten ist. Außerdem dürfte die Wirtschaft enormen Druck für Rot-Schwarz machen. Dass die ÖVP - deren Lage Christine Marek übrigens am Freitag als "dramatisch" bezeichnet hatte - in Bezirken Unterschriften für einen Parteitag sammelt, der über einen Koalitionspakt abstimmen soll, könnte als Botschaft an die eigene Parteiführung interpretiert werden, die sagt: "Wir sind nicht um jeden Preis zu haben." Doch am Ende wird (wieder) Häupl alles entschieden haben. Der SPÖ geht es also wirklich nicht so schlecht.