Brief der republikanischen US-Senatoren untergräbt internationale Diplomatieansprüche und spielt iranischen Hardlinern in die Hände
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Sogar gemessen an ihren eigenen Maßstäben ist der Brief der 47 republikanischen US-Senatoren an den Iran äußerst verantwortungslos. Nicht nur, dass das Schreiben die Kompetenz von US-Präsident Barack Obama, ein diplomatisches Abkommen auszuverhandeln, unterhöhlt, es untergräbt auch gerade den Aspekt des Atomabkommens mit dem Iran, der möglicherweise für die USA und Israel am nützlichsten sein könnte. Von Anfang an war es ein Schlüsselziel der USA, eine Vereinbarung zu erzielen, deren Dauer lang genug ist, noch die nächste Führungsgeneration im Iran zu binden. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnete diesen Aspekt vorige Woche in seiner Rede vor dem US-Kongress als Hauptsorge.
Die Republikaner stellen nun, vielleicht unabsichtlich, genau dieses Ziel des Langzeitpakts in Frage, indem sie der iranischen Führung mitteilen, das auszuhandelnde Abkommen sei nur "exekutiv" und könnte bei innenpolitischen Veränderungen fallengelassen werden: "Der nächste Präsident könnte solch ein exekutives Abkommen ganz leicht widerrufen und der künftige US-Kongress könnte die Bedingungen des Abkommens jederzeit ändern", heißt es in dem Brief.
So soll es sein, könnten die Hardliner im Iran antworten. Sie könnten den Brief der republikanischen US-Senatoren nützen, um Aspekte des Deals, die ihnen zu zwingend erscheinen, fallenzulassen. Das würde die USA zwingen, militärische Aktionen in Betracht zu ziehen. Der Casus Belli könnte, bizarrerweise, mit einer Behauptung des republikanischen US-Senats beginnen. "Es ist irgendwie komisch, wenn Mitglieder des Kongresses mit den Hardlinern im Iran gemeinsame Sache machen wollen", sagte Obama zu Journalisten. Das ist gelinde ausgedrückt.
Der iranische Außenminister Javad Zarif, der nicht will, dass Hardliner in Washington oder in Teheran seine Arbeit an dem Abkommen über den Haufen werfen, antwortete mit einer Lektion in Staatsbürgerkunde: "Die Autoren scheinen nicht ganz zu verstehen, dass Regierungen im internationalen Recht die Gesamtheit ihrer Staaten repräsentieren. Ein Regierungswechsel entbindet die nächste Regierung keinesfalls von internationalen Verpflichtungen."
Diese jüngsten republikanischen Aktionen könnten von Verbündeten im Ausland nicht nur als Geste der Geringschätzung für Obama gesehen werden, sondern ebenso für die P5+1-Verhandlungsgruppe, bestehend aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland und China.
Liberale Blogger argumentieren, dass der Brief der Republikaner gegen den Logan Act aus dem Jahr 1798 verstößt: "Jeder Bürger, der ohne Ermächtigung der Vereinigten Staaten mit einer ausländischen Regierung oder ausländischen Beamten direkt oder indirekt Korrespondenz oder Geschäftsverkehr beginnt oder fortführt, mit der Absicht, Maßnahmen oder Verhalten einer ausländischen Regierung zu beeinflussen, wird mit Geldstrafe belegt oder bis zu drei Jahren inhaftiert, oder beides."
Die US-Regierung wird ihre republikanischen Kritiker sicher nicht vor Gericht bringen, aber nach dieser jüngsten Aktion sollten sich vernünftige Republikaner überlegen, ob der außenpolitische Agitprop ihrer Partei nicht über alle Grenzen der Parteilichkeit hinaus ausgesprochen gefährlich ist.
Übersetzung: Hilde Weiss