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Gemeinden buhlen um Familien

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Stadt oder Land? - Wer Kinder hat, überlegt es sich gut, wo der Lebensmittelpunkt zu liegen kommt. Foto: bilderbox

Bürgermeister wollen Jungfamilien fürs Land begeistern. | Wohnungen, Babysitter und Kultur als Lockmittel. | Wien. Gute Luft, grüne Wiesen und das Dorfwirtshaus sind nicht alles: Zahlreiche österreichische Gemeinden in ländlichen Regionen stehen vor dem Problem der Abwanderung. Viele Junge zieht es in die Städte, weil die Chancen auf einen gut dotierten Job dort größer sind.


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Einige umtriebige Bürgermeister und Gemeinderäte haben es sich zum Ziel gesetzt, den Zuzug gezielt zu fördern. Günstige Startwohnungen für Jungfamilien, Eltern-Kind-Beratungszentren, organisierte Einkaufsfahrten in den Supermarkt für Bürger ohne Auto, Babysitterdienste, Jugendtaxis, Beachvolleyballplätze, Kulturveranstaltungen - die Palette ist breit und bunt, und laufend entstehen neue Ideen.

"Höchste Zeit,etwas zu tun"

In der Gemeinde Deutsch Schützen-Eisenberg im Burgenland erreichte die Bevölkerungszahl 2008 mit 1112 Personen (um über 300 weniger als bei der Volkszählung 1971) ihren Tiefststand. "Wir haben damals befunden, dass es höchste Zeit war, etwas zu tun", sagt Vizebürgermeister Franz Weber im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Gemeinde schnürte ein Familienförderungspaket und startete eine Wohnungsoffensive.

Obwohl die Maßnahmen das Gemeindebudget belasten, konnte bereits ein Erfolg verbucht werden. Weber: "Im vergangenen Jahr hatten wir 50 Neuanmeldungen für einen Hauptwohnsitz." Der Bevölkerungsschwund konnte damit gestoppt werden. Doch noch ist es zu früh, um sich auf den Lorbeeren auszuruhen. "Unsere Volksschule hatte einmal vier Klassen. Jetzt sind es zwei. Und es besteht die Gefahr, dass wir nächstes Jahr nur mehr eine Klasse haben. Wir arbeiten daran, dass das nicht passiert", so der Bürgermeister. Die Kosten für die laufenden Maßnahmen beziffert er mit 25.000 Euro und fügt hinzu: "Bringen tut’s wesentlich mehr."

Die kleine Waldviertler Gemeinde Harbach, bekannt durch das 1980 eröffnete Moorheilbad, verzeichnete ihren höchsten Einwohnerstand um 1900 mit rund 2000 Bürgern. Heute zählt die Grenzgemeinde nur mehr 700 Einwohner.

"Die größte Abwanderung fand in den 1970er Jahren statt", erzählt die Gemeinderätin und künftige Bürgermeisterin von Harbach, Margit Göll. "In den letzten Jahren ist wieder ein ganz leichter Anstieg zu verzeichnen, den will ich noch verstärken."

Sehr am Herzen liegt Göll die Errichtung von Start- und Singlewohnungen, um jene Mitarbeiter des Moorheilbades, die zum Beispiel aus Krems oder Waidhofen zur Arbeit pendeln, dazu zu bewegen, sich in der Gemeinde niederzulassen - und idealerweise später eine Familie zu gründen.

In Schweiggers im Waldviertel wurden bei der Volkszählung 1971 noch 2162 Einwohner registriert, 2009 waren es nur mehr 1989. In der kleinen Gemeinde zwischen Zwettl und Gmünd freut man sich über jeden "Zuagroastn". Neben der Errichtung neuer Wohnungen setzt Schweiggers auf den Fremdenverkehr und plant laut Gemeinderat Alexander Scheidl demnächst ein größeres touristisches Projekt anzugehen.

Verschiedene Mittel -ein Zweck

Deutsch Schützen, Harbach und Schweiggers werden in ihren Bemühungen auch vom Staat unterstützt. Die drei Gemeinden beteiligen sich - wie zahlreiche andere österreichische Kommunen auch - am Audit "familienfreundlichegemeinde". Im Rahmen dieser Initiative von Gemeindebund und Wirtschaftsministerium wird erhoben, was bereits für Familien getan wird. Auf Basis der Ausgangssituation werden vom Gemeinderat Maßnahmen beschlossen und unter Einbindung der Bevölkerung weiterentwickelt. Für den gesamten Auditprozess ist ein Zeitrahmen von drei Jahren vorgesehen. Zum Abschluss gibt es ein Zertifikat von der Republik Österreich, und die Gemeinde darf ein Zusatzschild zu ihrer Ortstafel führen.

Auf dem Weg zum Zertifikat erhalten die Gemeinden Unterstützung von der Familie & Beruf Management GmbH, die den Prozessablauf begutachtet und nach drei Jahren einen Soll/Ist-Vergleich anstellt.

www.familieundberuf.at