Zum Hauptinhalt springen

Gemeinsam gegen die Mafia

Von Georg Friesenbichler

Politik

Seit 25 Jahren beschäftigen sich die Vereinten Nationen mit der Frage, wie man der Organisierten Kriminalität (OK) auf internationaler Ebene entgegentreten könnte. Nun ist es endlich soweit. Bundespräsident Thomas Klestil reist heute zu einer UNO-Konferenz in Palermo, bei der die Unterzeichnung einer "Konvention gegen das multinationale organisierte Verbrechen" ansteht. Es handelt sich bei ihr nicht nur um den ersten internationalen Vertrag des 21. Jahrhunderts, sondern auch um den ersten der UNO überhaupt, der sich mit dem organisierten Verbrechen beschäftigt - ein "Meilenstein", wie man beim federführenden UN-Büro für Drogenkontrolle und Verbrechensverhütung (ODCCP), mit Sitz in Wien, erklärt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Problem ist altbekannt, gewinnt aber in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend an Schärfe. Zu der "Mutter" der modernen OK, der italienisch-amerikanischen Mafia, treten immer mehr Organisationen, die - wie andere Konzerne auch - immer "globaler" werden: Die japanische Yakuza, die chinesischen Triaden und die sogenannte "russische Mafia" sind die bekanntesten Beispiele. Aber neben diesen "Weltkonzernen" agieren auch unzählige kleinere Gruppen längst international. Nicht zuletzt deshalb beginnen wohl laut Konventionsdefintion kriminelle Vereinigungen schon bei einer Größe von drei Personen.

Nachdem die Konvention vor knapp einem Monat von der UN-Generalversammlung angenommen wurde, muss sie nun von 40 Staaten ratifiziert werden. Um der zentralen Idee, der Harmonisierung der Gesetze in den einzelnen Staaten, gerecht zu werden, müssen dann die nationalstaatlichen Gesetze dem völkerrechtlich bindenden Vertrag angepasst oder geschaffen werden.

Insbesondere sollen vier Tatbestände dort, wo dies bisher nicht gescheben ist, im Strafrecht verankert werden: Zugehörigkeit zu einer organisierten kriminellen Gruppe, Geldwäsche, Korruption und Behinderung der Justiz. Damit soll verhindert werden, dass sich die OK einzelne Länder als "sicheren Hafen" aussucht.

Darüber hinaus versucht der Vertrag die OK dort zu reffen, wo es ihr am meisten weh tut: Beim wirtschaftlichen Erfolg ihrer Verbrechen. So sollen erstmals auch Firmen, die in das organisierte Verbrechen verwickelt sind, zur Verantwortung gezogen werden. Auch den Maßnahmen gegen Geldwäsche wird große Bedeutung zuerkannt. Hier steckt noch einiger Sprengstoff drin: Zwar kann etwa Österreich im Hinblick auf die anonymen Sparbücher, die es ja seit 1. November nicht mehr gibt, bedenkenlos unterschreiben, die vorgeschriebenen Maßnahmen (Aufzeichnungen und Berichterstattung über verdächtige Transkationen) könnten zur Aufweichung des Bankgeheimnisses führen. Außerdem wird die Einrichtung eigener Kontrollinstanzen gefordert.

Weitere wichtige Punkte: Bekämpfung der Korruption, die in einigen Staaten erst den raschen Aufstieg der OK ermöglicht, Erleichterung bei Auslieferungsverfahren, Verbesserungen bei der internationalen Zusammenarbeit in der Verbechensbekämpfung, einschlägige Trainingsprogramme und Zeugenschutz.

Dieses an sich schon umfangreiche Programm wird noch durch drei Protokolle ergänzt, wobei allerdings eines, jenes über den illegalen Waffenhandel und -schmuggel, noch nicht unterschriftsreif ist.

Österreichs Beitrag

In Palermo liegen aber zwei dieser Zusatzprotokolle zur Unterschrift bereit. Das erste, eingebracht von Argentinien, beschäftigt sich mit den "modernen Sklaven", Frauen und Kindern, die in die Prostitution und Ausbeutungsbetriebe verkauft werden. Geschätzte fünf bis sieben Mrd. Dollar werden mit Menschenschmuggel jährlich verdient. Deshalb befasst sich ein weiteres Protokoll auch mit dem Schmuggel von illegalen Einwanderern. Der Antrag dafür kam übrigens von Österreich, das damit auch einen Beitrag zu dem umfassenden Werk geleistet hat.

Klestil wird zu der von Dienstag bis Donnerstag dauernden Konferenz von Innenminister Ernst Strasser begleitet. Der österreichischen Delegation gehören darüber hinaus der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, und Gert Felsenstein, der Leiter der Auslandsabteilung im Justizministerium, an.

Kelstil will die Gelegenheit auch zu bilateralen Kontakten nützen. Vorgesehen sind Gespräche mit dem italienischen Staatspräsidenten Carlo Azeglio Ciampi, UNO-Generalsekretär Kofi Annan sowie mit den Staatspräsidenten von Polen und Kroatien, Aleksander Kwasniewski und Stipe Mesic.