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Gemeinsam gegen sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten

Von William Hague

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William Hague ist britischer Außenminister.

Beim Schutz der Opfer gibt es noch viele Hindernisse zu überwinden. | Die G8 sollen dazu eine historische politische Erklärung verabschieden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Bei meinem Besuch in der Demokratischen Republik Kongo vor zwei Wochen zeigte man mir ein Foto von einem vergewaltigten fünfjährigen Mädchen. Auf dem Weg von Flüchtlingslagern zu Krankenhäusern und zu Treffen mit Menschenrechtsaktivisten hörte ich entsetzliche Geschichten von zerstörten Leben und zerbrochenen Familien. Und schändlicherweise können die Täter weiter ein "normales" Leben führen, ohne eine Strafe befürchten zu müssen.

In vielen Konflikten der vergangenen zwei Jahrzehnte, in Bosnien, Ruanda, Sierra Leone, Libyen oder Syrien, wurde Vergewaltigung bewusst als Waffe eingesetzt, um politische Gegner oder ganze ethnische oder religiöse Gruppen zu verletzen.

Als demokratische Politiker, die an die Würde des Menschen glauben, haben wir die Pflicht, diesem Problem entgegenzutreten. Das ist keine leichte Aufgabe, und es gibt viele Hindernisse zu überwinden:

Erstens die Angst und Scham der Opfer selbst. Viele schrecken wegen des Stigmas einer Vergewaltigung und fehlender Betreuung davor zurück, die Verbrechen anzuzeigen.

Zweitens die Schwierigkeit, gerichtliche Beweise zu erbringen. Deswegen kommt es nur in wenigen Fällen zu erfolgreichen Anklagen. Seit 1996 wurden allein in der Demokratischen Republik Kongo 500.000 Frauen vergewaltigt. Nur ein Bruchteil kommt vor Gericht.

Drittens wird Vergewaltigung bei Konflikten von der internationalen Gemeinschaft eher als zweitrangiges Problem betrachtet. Die Folge ist, dass Opfer vernachlässigt werden, dass zu wenig Geld zur Verfügung gestellt oder einfach nicht ausgezahlt wird und dass die Täter freigehen. Schließlich werden die UN-Organe, die lokalen Organisationen und die Menschenrechtler, die den Opfern vor Ort helfen, nur unzureichend unterstützt. Ihre massive Unterfinanzierung erschwert effektive Arbeit.

Alle diese Hindernisse können und müssen überwunden werden.

Diese Woche werde ich meine Außenministerkollegen in der G8 bitten, eine historische politische Erklärung zu verabschieden. Sie soll unsere Entschlossenheit deutlich machen, auf ein Ende der sexuellen Gewalt in bewaffneten Konflikten hinzuarbeiten, dafür zu sorgen, dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden, und eine umfassende Unterstützung der Opfer zu gewährleisten.

Ich denke an ein Paket praktischer Verpflichtungen: die Anerkennung von schwerer sexueller Gewalt als gravierendem Verstoß gegen die Genfer Konventionen, mehr Geld und eine langfristige Unterstützung der Opfer sowie ein neues internationales Protokoll, das gemeinsame Standards für die Ermittlung und Dokumentation von sexuellen Übergriffen vorsieht.

Diese Instrumente sollen die Beweisaufnahme verbessern, um mehr Fälle vor Gericht zu bringen und es Opfern zu erleichtern, sich zu melden. Ich hoffe, dass wir in London ein ambitioniertes Abkommen vereinbaren werden. Wir werden die Unterstützung der G8-
Staaten als Grundlage nutzen, um eine starke internationale Koalition gegen Vergewaltigung und sexuelle Gewalt in Konflikten aufzubauen.