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Von den Kleinparteien haben nur die linken Listen von Wandel und KPÖ ein bundesweites Antreten geschafft. | 2014 kandidierten beide bei der EU-Wahl gemeinsam - eine Annäherung in Zukunft schließen beide Parteien nicht aus.
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Wer sich von keiner der großen Parteien angesprochen fühlt, kann auch am 29. September auf eine der kleineren, bundesweit kandidierenden Listen ausweichen - vorausgesetzt, er oder sie steht deutlich links der Mitte. Ein bundesweites Antreten haben nämlich nur die KPÖ ("Liste "Alternative Listen, KPÖ Plus, Linke und Unabhängige") und die Gruppierung "Wandel" (Wandel - Aufbruch in ein gemeinwohlorientiertes Morgen mit guter Arbeit, leistbarem Wohnen und radikaler Klimapolitik. Es gibt viel zu gewinnen.") geschafft. Im Burgenland können Wähler recht deutlich rechts der Mitte zusätzlich auch die "Christliche Partei Österreichs (CPÖ), in Kärnten einen Rest des BZÖ, die "Allianz der Patrioten", ankreuzen. In Oberösterreich kandidiert mit der Sozialistischen Linkspartei (SLP) eine weitere linke Kleinpartei, in Wien das (Satire-)Projekt der "Bier Partei".
KPÖ und Wandel ringen dabei um jene Wahlberechtigten, die sich eine linke, alternative Partei im Nationalrat wünschen - und stehen dabei nicht nur zueinander direkt in Konkurrenz, sondern auch mit der - zusehend linkspopulistisch agierenden - Liste Jetzt von Peter Pilz, der es trotz mehrerer Abgänge und interner Querelen in der Vergangenheit noch einmal wissen will. Während die KPÖ inhaltlich auf für sie klassische Themen setzt - etwa leistbares Wohnen durch "Rückführung privater oder profitorientierter Wohngesellschaften in Gemeindebesitz" - geht es der Wandel grundlegender an. Dessen Wahlprogramm ist so geschrieben, als wären die Wahlziele bereits erreicht. "Schulen sind keine marktkonformen Ausbildungsfabriken mehr, sondern offene Räume zum Lernen, Experimentieren und Interagieren", ist dort etwa zu lesen.
Das klingt utopisch - und ist bewusst so gewählt. Wieso gibt es im Wandel-Programm kaum konkrete Projekte? "Der Gedanke dahinter ist: Bei der täglichen Politik des Klein-Klein schauen Parteien nur mehr auf das, was sie morgen oder maximal übermorgen machen. Wo unsere Gesellschaft und die Wirtschaft in einer Generation sein soll, geht dabei völlig verloren", rechtfertigt sich der Spitzenkandidat des Wandel, Faya Mulla. Der gebürtige Kärntner wechselte nach kurzer Zwischenstation als Geschäftsführer der Liste Jetzt von Peter Pilz wieder zurück zum Wandel. Die 2012 entstandene neue Gruppierung steht in einem interessanten Spannungsverhältnis zu den Kommunisten - die wiederum intern in einen Wiener und in einen Grazer Flügel unterteilt sind. Und diese harmonierten in den vergangenen Jahren keineswegs ausgezeichnet.
Wahlforscher wie Günther Ogris von Sora gehen davon aus, dass es für eine Linkspartei in Österreich ein Potenzial von jenseits der Vier-Prozent-Hürde gibt - "unter bestimmten Voraussetzungen", wie Ogris erklärt. Zentral seien eine durchorganisierte, professionelle Kampagne, klare wahlkampfstrategische Konzepte, und vor allem tragfähige Organisationen im Hintergrund.
Die Linken und ihr "Übersetzungsproblem"
Ogris sieht die Tatsache, dass beispielsweise die Kommunisten in Österreich nie eine nennenswert große Gewerkschaftsorganisation haben aufbauen können, als wesentlichen Mitgrund, wieso die Partei kaum Wahlerfolge erzielen konnte. Heute ist das Verhältnis von Wandel und KPÖ einerseits von Annäherungen und Bündnis-Überlegungen und andererseits von Konkurrenz und Misstrauen geprägt. Es sei diesmal nicht genug Zeit gewesen, ein Bündnis zu schmieden, betont etwa Wandel-Listenerster Mulla. Der Spitzenkandidat der KPÖ-Liste, der in Zürich geborene und in Innsbruck bei der "Alternativen Liste" aktive Ivo Hajnal, will ebenfalls eine Annäherung der Gruppen erkennen.
"In Vorarlberg sieht man schon, dass der Wandel wieder mit uns zusammengeht", sagt der Professor für Sprachwissenschaft. Die Vorarlberger wählen am 13. Oktober einen neuen Landtag. Wie erklärt er sich die Tatsache, dass die Linke es nicht schafft, mit vereinten Kräften eine Partei ins Parlament zu bringen? "Weil viele Botschaften von links, die auf einem theoretischen Fundament beruhen, nicht in eine zeitgemäße Form übersetzt werden." So sei beispielsweise die Klimafrage eigentlich eine soziale Frage. Die Bedingungen des Marktes hätten auch zu den Verwerfungen beim Klima geführt. Hajnal verweist auf die international gesehen fast überall "darbenden Linken", von der SPD in Deutschland bis nach Israel. "Wir haben es bisher nicht geschafft, international einheitlich aufzutreten, wir haben es nicht geschafft, zu übersetzen, wofür man steht" - das ewige Problem der KPÖ, die viele nach wie vor als Intellektuellen-Partei wahrnehmen. Auf der strukturellen Ebene, sagt Wahlforscher Ogris, stünden vor allem die "alten Eliten" der KPÖ einer nachhaltigen Veränderung im Wege. Ein tragfähiger, dauerhafter Zusammenschluss mit dem Ziel einer neuen Partei würde die Positionen dieser alteingesessenen Parteikader in Frage stellen.
Wie auch die Liste der Kommunisten setzt auch der Wandel stark auf das Thema Wohnen. Die Forderung, dass gesellschaftliche Grundversorgung in staatlicher Hand bleiben soll, deckt sich weitestgehend mit jener der Kommunisten in Bezug auf den kommunalen Wohnbau. Bemerkenswert ist der - ebenfalls utopisch anmutende - Zugang des Wandel, für ein Mehr an Demokratie den Bundesrat durch einen Bürgerrat zu ersetzen. Eine Forderung, die vage an das Konzept der Liste Gilt von Roland Düringer erinnert. Diese kandidiert übrigens in Tirol und Vorarlberg.
Ein wichtiges Ziel sowohl für den Wandel wie auch für die Liste der KPÖ ist das Überschreiten der Ein-Prozent-Hürde. Ab dann wird eine einmalige Parteienförderung bezahlt, was ein Weiterarbeiten ermöglicht.