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Die Verflechtungen zwischen Politik, Militär und Rüstungsindustrie haben schon immer bei vielen Beobachtern Misstrauen hervorgerufen und Hollywood zu cineastischen Albträumen animiert. An ihrer Realität hat sich jedoch bis heute nichts geändert. Zu sehr sind die Akteure aller Seiten aufeinander angewiesen, zu groß die enormen finanziellen Mittel, die bewegt werden müssen, um neue Waffentechnologien zu entwickeln und einsatzfähig zu machen.
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Kaufen, wenn die Bomben fallen. So lautet eine Empfehlung zynischer Börsenstrategen. Wer, wenn nicht die Rüstungsindustrie, profitiert, wenn Kampfjets der jüngsten Generation ihre Raketen abfeuern? Wenn Flugzeugträger zu schwimmenden Kommandozentralen werden und Militärsatelliten den punktgenauen Abwurf so genannter intelligenter Sprengkörper steuern? Noch jede militärische Auseinandersetzung hat die Achse zwischen den Kommandozentralen in Politik, Wirtschaft und Militär zu neuen Hochblüten gebracht - zumindest in finanzieller Sicht. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Jeder ist auf den anderen angewiesen, wenn es um die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse geht. Die Politik braucht eine Armee, die siegen kann. Dazu bedarf es der richtigen Ausrüstung - und davon lebt wiederum die Rüstungsindustrie.
Der jüngste Irak-Krieg kann durchaus als Paradebeispiel für das strategische Dreieck zwischen Politik, Militär und Wirtschaft gelten. Streitkräftetransformationen werden oft durch technologische Neuerungen und budgetäre Knappheiten ausgelöst. Die Änderungen in der amerikanischen Armee wurden nicht nur durch die Veränderungen der internationalen Ordnung nach 1989 vorangetrieben, sondern auch durch die Erfahrungen aus dem Zweiten Golfkrieg, den noch Bush Senior Anfang der 90er Jahre gegen Saddam Hussein ausfocht, maßgeblich beeinflusst. Die Wirtschaft bietet neue, noch smartere Lösungen an. Die Politik stellt die erforderlichen Mittel zur Verfügung und gibt die Ziele vor. Das Militär wiederum realisiert die Ziel-Mittel-Kombination unter Mithilfe der Wirtschaft. Ein nahezu perfekter Kreislauf.
Der jedoch auch eine ungebremste Dynamik entfalten kann, wenn alle Sicherungssysteme versagen sollten. Dann ist in erster Linie der Primat der Politik gefordert und zugleich gefährdet. Zumindest in Demokratien westlicher Präsgung kann daher von Gleichberechtigung der Akteure in diesem Beziehungsgeflecht keine Rede sein: Die Politik hat das letzte Wort - zumindest im Idealfall.
Paradebeispiel USA
Für ihr Militär geben die USA nahezu 25 Mal mehr Geld aus als die von ihnen zu so genannten "Schurkenstaaten" ernannten Länder zusammen. Rund zwei Drittel der weltweiten Militärausgaben entfallen auf die NATO und ihre Alliierten. Vor 20 Jahren unter Ronald Reagan waren es nur etwa 50 Prozent. Allerdings investierte Reagan deutlich mehr in den Kauf neuer Waffen als George W. Bush es tut. Nach heutigem Wert berechnet wurden 1983 für Schiffe, Bomben oder Flugzeuge 121 Milliarden ausgegeben. Heute sind es 73 Milliarden, zu denen noch einmal 50 Milliarden Dollar für die Erforschung und Entwicklung zukünftiger Waffensysteme kommen.
Die neunziger Jahre gingen als die 'Jahre der trockenen Sümpfe' in die Geschichte des Dreiecks aus Politik, Militär und Wirtschaft ein, fuhr man doch die lang ersehnte 'Friedensdividende', die aus dem Ende des Kalten Krieges resultierte, ein. Ein Konzentrationsprozess in der Rüstungsindustrie war angesagt.
Nach 9/11 war wieder alles anders. Heute haben Amerikas führende Waffenschmieden mehr Einfluss als je zuvor auf die Politik. Auch andere Unternehmen, die von amerikanischen Kriegsaktivitäten profitieren, wie etwa die Energiewirtschaft, können nicht klagen. Halliburton ist ein viel zitiertes Negativbeispiel für diese Verflechtungen.
Sieben der zehn weltgrößten Rüstungsfirmen kommen aus den USA. Vor mehr als 40 Jahren warnte US-Präsident Dwight D. Eisenhower noch vor der "unzulässigen Beeinflussung" der Politik durch den "militärisch-industriellen Komplex"; heute sprechen Kritiker von einem "eisernen Dreieck" aus Militär, Rüstungsindustrie und einzelnen Politikern, das die Entscheidung über Strategie, Mittelvergabe und Waffensysteme unter sich aushandelt. Das Dreieck ist in den USA heute eisener denn je zu vor.