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Gemeinsam mit Energie handeln

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Gestern, Mittwoch, wurde die erste Runde im Ringen um eine österreichische Wasserkraftlösung eingeläutet. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein lud die Finanzlandesräte und Energiereferenten der Länder zum Stromgipfel nach Wien ein. Die erste Phase in dem Prozess, an dessen Ende eine Einigung über den möglichen Zusammenschluss von Verbund und Ländergesellschaften stehen soll, wird bis 30. April dauern. Die Kooperation mit dem deutschen Atomstromerzeuger E.ON wurde nun auf Eis gelegt und soll auch nicht Thema der Verhandlungen sein. Geplant ist vorläufig, dass Verbund und die Ländergesellschaften eine gemeinsame Handelsgesellschaft und einen gemeinsamen Großkundenvertrieb gründen.


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Die "große österreichische Stromlösung" wird es nicht werden, soviel dürfte nach den ersten Gesprächen der Ländervertreter mit dem Wirtschaftsminister klar sein. Denn sowohl Tirol als auch Vorarlberg werden eigene Wege gehen. Sie haben allerdings signalisiert, dass sie der Zusammenarbeit anderer Landesenergieversorger mit dem Verbund keine Steine in den Weg legen werden. Unklar ist bis dato die Haltung Kärntens, denn dessen Vertreter hatte beim Wiener Stromgipfel kein Verhandlungs- sondern nur ein "Zuhör"-Mandat. Kärnten hatte im Vorjahr seine Kelag-Anteile überraschenderweise an den deutschen Energiekonzern RWE verkauft. Der Verbund fühlte sich davon überrumpelt.

Auch aus der Sicht mancher Landesvertreter war dieser überhastete Verkauf ein Grund für das damalige Ende der Österreich-Lösung und dafür, dass der Verbund so rasch wie möglich nach einem strategischen Partner im Ausland Ausschau hielt. Dass jetzt wieder ein neuer Anlauf beginnt, schreiben sich vor allem Niederösterreich und Wien auf die Fahnen. Wolfgang Sobotka, als Finanzlandesrat der Verhandler Niederösterreichs, ist mit dem noch vagen Ergebnis des Stromgipfels zufrieden. Der Plan lautet auf alle Fälle, eine gemeinsame Handelsgesellschaft und einen gemeinsamen Großkundenvertrieb zu gründen. Als Vorbild dient die EnergieAllianz, der Zusammenschluss von EVN, Wienenergie, Linz AG, Bewag und Energie AG.

Der steirische Finanzlandesrat Herbert Paierl bringt die Sache auf den Punkt: "Realistisch" betrachtet werde es zu keiner gesamtösterreichischen, sondern "im besten Fall zu einer teilösterreichischen Lösung kommen können". Als positiv wertet er jedenfalls, dass es zwischen den Eigentümervertretern zum ersten Mal zu ernsthaften Gesprächen gekommen ist. Die Steiermark sei bei dem zu erstellenden "Masterplan" auf allen Ebenen mit dabei. Salzburg sei an der österreichischen Lösung sehr interessiert, sie müsse aber eine solche bleiben, so Finanzlandesreferent Wolfgang Eisl.

Den österreichischen Weg sieht Wiens Finanzstadtrat Sepp Rieder in der Bildung einer gemeinsamen Handels- und Vertriebsplattform. Im Detailvertrieb, wo Haushalte und Kleinkunden beliefert werden, mache es keinen Sinn, zusammenzuarbeiten. Dieser Meinung schließen sich auch die anderen Landesvertreter an. Rieder zeigt sich zuversichtlich, dass die Wasserkraftwerke in einer Gesellschaft zu bündeln sind. Bei den kalorischen Kraftwerken gebe es eine extreme Steuung, noch dazu hätte Wien keinen Anlass, diese aus der Hand zu geben. Eine vorsichtige Annäherung könne jedoch über eine gemeinsame Handelsgesellschaft stattfinden. Für Wien ist eine Wasserkraftkooperation mit E.ON auszuschließen. Beim Stromhandel kann sich Rieder jedoch eine deutsch-österreichische Partnerschaft vorstellen.

Jetzt ist ein politisch besetzter Lenkungsauschuss am Zug. Dieser soll den Masterplan bis Ende April ausarbeiten, erst danach werden die Entscheidungen getroffen. Doch die Handels- und Vertriebsplattform sollte noch dieses Jahr ihre Arbeit aufnehmen, betont Bartenstein. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer ist überzeugt, dass man der Österreich-Lösung noch nie so nahe war wie heute. Solange die Länder mit dem Bund verhandeln, ist der Pakt mit E.ON auf Eis gelegt. Die Tür zum deutschen Energieriesen wird nicht zugeschlagen. Die Burgenländer beharren jedoch auf einer Energielösung ohne E.ON.

Kritik kommt unterdessen von Umweltorganisationen. Greenpeace wirft dem Verbund vor, nur an "kurzfristiger Gewinnoptimierung" interessiert zu sein; auch die Länder wollten nur billigen Strom unter dem Marktpreis. Deshalb sei die jetzige Debatte eine Scheinheiligkeit. Greenpeace fordert eine Energieabgabe für umweltschädliche und gefährliche Energieträger. Der Umweltdachverband konstatiert nur eine scheinbare Österreichlösung. Eine echte gebe es nur, wenn dem Ausverkaufsdeal zwischen E.ON und Verbund endlich ein Riegel vorgeschoben werde.