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Gemütlich, brutal, herzensgut

Von Manfred A. Schmid

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In einem Radiointerview Mitte der 80-er Jahre erinnerte sich Ernst Krenek sarkastisch daran, wie er bei seiner Rückkehr aus dem amerikanischen Exil in der Heimat aufgenommen wurde: "Aber wenn die Wiener einen begrüßten mit dem Ausruf: ,Das is aber scheen, dass Sie wieder da sind! No, was sagn Sie dazu, wie wir uns mit diesem Hitler ang'schmiert haben?´ Da war man schon wieder entwaffnet. Da waren sie wieder, da waren sie noch: gemütlich, brutal, herzensgut, gemein, aufrichtig, verlogen, liebenswürdig, tückisch und selbstbemitleidend." Gehört habe ich dieses Fundstück am Donnerstag in der "Radiokolleg"-Musikviertelstunde anlässlich des 100. Geburtstages des Komponisten, Autors, Essayisten und Denkers. Wer denkt angesichts dieser Charakterisierung nicht sofort an Qualtingers "Der Herr Karl" oder Hinterbergers "Mundl" aus "Ein echter Wiener geht nicht unter"?

Übrigens: Bevor Krenek als "entarteter" Künstler gebrandmarkt und von den Nationalsozialisten 1938 aus Österreich vertrieben wurde, war er einige Jahre hindurch Mitarbeiter dieses Blatts. In seiner Autobiographie "Im Atem der Zeit" ist darüber zu lesen: "Meine Verbindung mit der ,Wiener Zeitung´ war uneingeschränkt glücklich, und sie gehört zu meinen schönsten Erinnerungen aus dieser Zeit vor der Katastrophe." Und warum: Diese Zeitung, so Krenek, hatte "eine der lebendigsten und am besten geführten Feuilletonredaktionen von allen Wiener Zeitungen".

Unlängst nannte ich hier Albert Schweitzer einen "Humanisten aus der Schweiz". Ein aufmerksamer Leser, Hanns Humer, hat mich darauf aufmerksam gemacht,, dass man nicht Schweizer sein muss, um Schweitzer zu heißen: Albert Schweitzer ist gebürtiger Elsässer.